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Frohsinn und Spielfreude

3. Aufführungsabend der Staatskapelle Dresden

„Am Aschermittwoch ist alles vorbei“, so lautet das bekannte Karnevalslied. Mit Beginn der Passionszeit dürften auch in die Konzertsäle wieder ernstere Klänge einziehen. An diesem speziellen Übergangstag entschied sich die Staatskapelle Dresden, noch einmal Frohsinn zu verbreiten. Dies allerdings nicht mit Büttenkalauern, sondern statusgerecht mit allerfeinst dargebotenen musikalischen Werken. Trotz der Absage des amtierenden GMD Fabio Luisi war von Katerstimmung keine Spur, denn die Staatskapelle hatte für den 3. Aufführungsabend hervorragenden Ersatz finden können und dies ganz im Sinne dieser Konzertserie, in denen jungen Talenten ein Podium geboten wird – nicht selten starteten Debütanten aus dem Semperbau heraus eine große Karriere. Der aus Andalusien stammende Dirigent Pablo Heras-Casado (geb. 1977) hatte nicht nur das ursprüngliche Konzertprogramm ohne Änderungen übernommen, er dirigierte die beiden sinfonischen Werke des Abends auch auswendig und gelangte dabei zu einem sehr intensiven Kontakt zum Orchester – ein abwechslungsreicher, lebendiger Konzertabend entfaltete sich. Auch die Dramaturgie des Konzertes stimmte: Haydn und Mozart bildeten den Rahmen für die Kammermusik Nr. 3 für Cello und 10 Instrumente von Paul Hindemith. Gerade der Ideenreichtum dieses nicht als solches bezeichneten Cellokonzertes verband sich in idealer Weise mit den Werken der Wiener Klassik. Heras-Casado hatte keinerlei Mühe, den Spielwitz herauszukitzeln, ein rasanter Eingangssatz in der Haydn-Sinfonie rief alle Musiker auf die Stuhlkante. In diesem Kleinod der sinfonischen Literatur war es schon auffällig, dass Heras-Casado keinesfalls auf rohes Galoppieren setzte: jede Kadenzierung war samtweich abgeschlossen, die Dynamik einfühlsam ausgehört. Wer den stets fein ausgestalteten Cello-Ton des Kapell-Solocellisten Isang Enders nicht bereits aus vielen Konzerten und Opernaufführungen herausgehört hat, durfte diesen nun in einem kompletten konzertanten Werk erleben. Enders Entscheidung für Hindemiths „kleines“ Cellokonzert dankten ihm die 10 Kapellisten um ihn herum mit vitalem Zugriff etwa in dem wie einen musikalischen Bienenstock auskomponierten 2. Satz. Die durchweg von großer Spannung getragene Interpretation, bei der Enders die klanglichen Möglichkeiten des Instrumentes voll ausreizte, läßt die leise Frage aufkommen, was dieser herausragende Solist noch in einem Orchester macht. Aber vermutlich sind gerade die Entfaltungsmöglichkeiten der Staatskapelle für einen jungen Musiker ohnehin nicht zu überbieten, insofern hoffen wir einfach, dass ein Cellist von diesem Rang uns noch lange erhalten bleibt. Musikalische Überraschungen gab es dann auch nach der Pause: Was Pablo Heras-Casado an Differenzierung und Verve aus Mozarts „Prager Sinfonie“ D-Dur herausholte, machte baff. Auch hier überwog das kammermusikalische Miteinander, der langsame Satz zerschmolz sanft, ohne in den Kitsch hinüberzukippen. Im Finale wurde an einem gemeinsamen musikalischen Strang gezogen – überzeugend. Pablo Heras-Casado wurde für sein erstaunliches Debütkonzert mit begeistertem Applaus geehrt – wir freuen uns auf ein Wiederhören mit dem sympathischen Spanier.

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