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Vortrefflich.

Zykluskonzert der Dresdner Philharmonie zum Osterfest

Die Osterkonzerte der Dresdner Philharmonie versprachen einiges an musikalischer Abwechslung. Den allerorten zu hörenden Passionsmusiken setzte das Orchester ein weltliches sinfonisches Programm entgegen, das aber keineswegs alltäglich war und seine eigenen Reize besaß. Unter dem Motto „O Gott! Welch ein Augenblick!“ widmete sich die Philharmonie wieder der Liebes-Thematik in den Zykluskonzerten, wenngleich diese hier nur mit der Leonoren-Ouvertüre von Ludwig van Beethoven verbunden war und in den Folgewerken höchstens in schwelgerischem Tonsatz als romantische Empfindung auszumachen war.

Interessanterweise wird für eine Konzertfassung gerne die etwas geschlossener und opulenter wirkende dritte Ouvertüre benutzt, Chefdirigent Michael Sanderling wählte allerdings die zweite aus, die auch der Uraufführung der Oper 1805 voranstand. Seine Interpretation war auf kontrastreiches Musizieren angelegt – Sanderling kostete Ruhepunkte ebenso wie dramatische Wellen aus und schien in den langen Pausen zwischen den Tutti-Akkorden einen gedanklichen Nachhall zu formen. Den echten, volltönenden wird die Philharmonie erst im neuen Saal erleben, wohl aber war der befreiende Ton in diesem Freiheits-Stück nach dem gerade erfolgten Stadtratsbeschluss zu Gunsten des Kulturpalast-Umbaus fast greifbar.

Mit dem zweiten Werk des Abends verhielt es sich in puncto Popularität ähnlich: das zweite Klavierkonzert von Sergej Rachmaninow ist das opulent auftrumpfende Gesellenstück vieler Pianisten, während das frühe 1. Klavierkonzert fis-Moll nur selten auf den Podien zu hören ist. Virtuosität, Ornament und melodiöse Schönheit genügen diesem Werk und machen es in diesen Begrenzungen durchaus auch problematisch. Dem russischen Pianisten Kirill Gerstein – längst arriviert auf den Bühnen der Welt unterwegs – oblag es, daraus dennoch eine Perle zu formen, und das gelang ihm vortrefflich. Mit robust-volltönender Unterstützung aus dem Orchester ging er zumeist unaufgeregt und engagiert zu Werke, legte in jedes noch so unscheinbare Figurenwerk Zielsetzung und Gestaltung, verleugnete aber nie den spielerisch-naiven Charakter des Werkes. Das wertete besonders den 3. Satz auf, der zweite hingegen gelang mit gutem Atem für ein nie stockendes oder übertriebenes Klangbild. Mit einer packenden und genauso aus der Ruhe heraus souverän „hingelegten“ Gershwin-Zugabe bedankte sich Gerstein für den begeisterten Applaus des Publikums.

Zum Abschluss des Konzertes kamen etwas verfrühte „Proms“-Gefühle auf: In Edward Elgars „Enigma“-Variationen überzeugten die Philharmoniker unter der Leitung ihres Chefdirigenten einmal mehr mit spätromantisch sattem Sound. Sanderling konnte mit gut ausgehörtem, transparentem Klang in den Orchestergruppen das kleinteilige Werk zu einer Einheit formen. Besonders die Ausgestaltung der einzelnen Charakterzeichnungen gelang sowohl in zarten kammermusikalischen Passagen wie auch in den kurzen rasanten Variationen überzeugend. Das macht Appetit auf mehr – sicher dann irgendwann auch mit einem kurzen, aber exquisiten Nachhall in den Generalpausen…

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Veröffentlicht in Rezensionen

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