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Leichtigkeit als Prinzip

Jan Lisiecki erstaunt und begeistert auf Schloss Wackerbarth

Der Pianistensternenhimmel ist ein Kosmos eigener Art: manche halten sich hell und klar über die Zeiten, andere verblassen, neue treten hinzu. Am Firmament erschien jüngst ein neuer Stern: Jan Lisiecki heißt der junge Mann, Kanadier mit polnischen Wurzeln. In letzter Zeit hagelte es Auszeichnungen für das Ausnahmetalent, das in aller Welt konzertiert und doch gerade erst ein Musikstudium in Toronto aufgenommen hat.

Sehr gespannt war daher auch das Musikfestspielpublikum auf Schloss Wackerbarth – das Weingut wartet mit der für solche Gelegenheiten akustisch idealen Abfüllhalle auf, die während des Kulturgenusses auch den Blick auf die abendlichen Weinberge zuläßt. Lisieckis Programm war prall gefüllt – satte zwei Stunden Klaviermusik bot der 17jährige Pianist an und ließ es sich nicht nehmen, sein Recital zudem in knapper sympathischer Form zu moderieren. Das zeugt von einem gesunden Selbstbewusstsein, auch von jugendlicher Kraft und Frische. Davon bot Lisiecki reichlich in dem mitreißenden Konzert – seine beiden Bach-Darbietungen aus dem „Wohltemperierten Klavier“ waren bewusst als Einsteiger in die Programmteile gewählt, um den Quell der späteren, darauf aufbauenden Klaviermusik zu zeigen.

Lisiecki scheute sich nicht, romantische Phrasierung einzubringen, musizierte die Fugen aber so deutlich, dass der Respekt vor dem großen Komponisten gewahrt blieb. Beethovens Fis-Dur-Sonate ist ein selten gespielter Edelstein der Klavierliteratur, hier stufte Lisiecki die Dynamik gut ab, hätte im zweiten Satz im schnellen Tempo noch mehr Ruhe finden können. Die drei Konzertetüden von Liszt folgten fast schon als Lockerungsübung für das folgende Mendelssohn-Werk; die „Variations Sérieuses“ gelangen ebenfalls stilistisch sicher und mit jederzeit überlegter Interpretation.

Dass Lisiecki eine geistige wie technische Leichtigkeit in seinem Spiel als Basis benutzt, machte nicht nur das Chopin-Zitat im zweiten Teil klar – wer so unverkrampft und mit geduldiger Übersicht an die Etüden, Opus 25 herangeht, kann nur gewinnen. Perlendes Spiel, imposante Steigerungen und Mut zum Detail machten eine hervorragende Interpretation aus, bei der das Spiel nicht auf der pianistischen Überholspur stattfand, sondern auf einer die Noten tief durchdringenden Ebene. Das war in der Summe schlicht grandios und wurde mit tosendem Applaus belohnt.

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