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Persönlichkeiten statt Perfektion

Sieger des 5. Internationalen Anton-Rubinstein-Wettbewerbes wurden gekürt

Geduld und Sitzfleisch musste mitbringen, wer zum Finalausscheid des 5. Internationalen Klavierwettbewerbes Anton G. Rubinstein in der Dresdner Musikhochschule erschienen war. Am Feiertag wetteiferten dort drei Pianisten um die Preise, sie hatten zuvor unter 130 Teilnehmern aus 22 Ländern die international ausgetragenen Vorausscheide und das Seminfinale, das am vergangenen Wochenende in Dresden stattfand, glücklich für sich entschieden.

Nach vier Stunden Konzertdauer am Feiertag konnten sich im vom Forum Tiberius veranstalteten Wettbewerb alle drei Teilnehmer über gestiftete Preise in Gesamthöhe von 16.000€ freuen. Eine mit 17 Mitgliedern außergewöhnlich umfangreich besetzte internationale Jury tagte lange und Jurychef Prof. Arkadi Zenzipér wies auf das hohe Niveau des gesamten Wettbewerbs hin. Ein Wermutstropfen bleibt die schwache Vertretung durch deutsche Teilnehmer – die zwei einzigen schieden vor dem Semifinale aus; ob dies mit der mangelnden Wertschätzung des Wettbewerbes oder unzureichender Qualität der Ausbildung zu tun hat, wäre zu fragen.

Drei Pianisten aus China, Russland und Tschechien verblieb die Aufgabe, nicht nur die Jury, sondern auch die Zuhörer im bis auf den letzten Platz gefüllten Konzertsaal der Hochschule mit spannenden Interpretationen dreier romantischer Klavierkonzerte zu erfreuen. Dazu zeigte sich die Hochschule für Musik nicht nur als engagierter Veranstaltungspartner – das Hochschulsinfonieorchester unter Leitung von Ekkehard Klemm meisterte auch noch glänzend die schwierige Aufgabe, über neun Tage hinweg die Finali zu begleiten, was angesichts der stetig wechselnden Literatur und der vielfältigen musikalischen Persönlichkeiten am Klavier eine beachtliche Leistung darstellt.

Die Tschechin Veronika Böhmová (geb. 1985) überzeugte im 1. Klavierkonzert von Franz Liszt mit feiner Anschlagskultur und überzeugendem emotionalen Zug zum Finale hin, für diese Darbietung erhielt sie den 2. Preis. Andrey Dubov (geb. 1987) musizierte das 1. Klavierkonzert von Peter Tschaikowsky mit solider Perfektion und überraschte im 3. Satz mit einer durchaus eigenwillig-flotten Tempo-Auffassung. Seine Belohnung war der 3. Preis. Dass im Vorfeld des Wettbewerbs mit der „Suche nach dem neuen Lang Lang“ geworben wurde, mag nicht jeden Fachmann als Slogan begeistern, doch den Klavierwettbewerb gewann – ein Chinese. Der in Shanghai gebürtige Hao Zhu (geb. 1986) holte sich neben dem 1. Preis auch den Publikumspreis für seine Interpretation des 2. Klavierkonzertes von Sergej Rachmaninov ab, nuancenreich und am großen Yamaha-Flügel technisch jederzeit souverän, aber nie den Bogen überspannend konnte er die Zuhörer begeistern.

Die Sonderpreise für die beste Interpretation eines Rubinstein-Werkes und die der zeitgenössischen „Sonata“, eines Auftragswerkes von Sara Zalcikova wurden jeweils geteilt und gingen an Veronika Böhmova, Jeong Yoon Lee, Vera Zyryanova und Ji-Hwan Hong. Am Ende der Veranstaltung stand Dank an die Hochschule, an die Gasteltern in Dresden, die die internationalen Künstler beherbergten und großer Applaus des Publikums. Den drei Finalisten ist nun Erholung und ein weiterer guter Werdegang zu wünschen – keine leichte Aufgabe in der heutigen Zeit, doch dass die Wettbewerbsveranstalter deutlich betonten, großen Wert auf die künstlerische Persönlichkeit zu legen, erwies sich bereits angesichts der spannenden Interpretationen im Finalkonzert als richtig und wegweisend.
(3.10.12)

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Veröffentlicht in Rezensionen

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