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Von Karelien nach Sachsen und zurück

Konzert des Landesjugendorchesters in der Lukaskirche

Zumeist zwei Projekte führt das Landesjugendorchester Sachsen in jedem Jahr durch, einer umfangreichen Probenphase schließen sich Konzerte in mehreren Städten an. Dahinter steckt eine große Logistik und viel Arbeit – die jungen Musiker kommen aus ganz Sachsen, und wer hier mitspielt, hat beileibe nicht nur eine musikalische Sommerfreizeit gebucht. Der Anspruch der Orchesterprojekte ist hoch und Dirigent Milko Kersten hat in den letzten Jahren nicht nur immer wieder sehr spannende Programme kreiert, er versteht es auch, die Jugendlichen binnen einer Woche zu einem verschworenen Ensemble zu vereinen. Dann ist es möglich, an Interpretationen zu feilen und die Stücke musikalisch zu veredeln.

So bot sich auch am vergangenen Freitag den Zuhörern ein abwechslungsreiches und gleichzeitig sehr intensives Programm. Kersten hatte unter dem Titel „Vorspiel und Konzert“ vier Stücke ausgewählt – mit Debussy, Prokofjew, Beethoven und einer Uraufführung konnte eine reichhaltige Farbpalette im Orchester entfaltet werden, und das taten die Musiker in der Lukaskirche mit Freude und viel Konzentration. So wurde gleich das bekannte „Prélude à l’après-midi d’un faune“ zum Geburtstagsgeschenk für den am 22. August 1862 geborenen Komponisten – nach dem mutigen Flötensolo stellte sich sofort ein warmer, pastellener Gesamtklang ein, der für diese Musik ideal erschien. Zu einem Höhepunkt geriet die Aufführung von Sergej Prokofjews 1. Klavierkonzert Des-Dur. Das gesamte Sommerprojekt fand in diesem Jahr in Kooperation mit dem Karl-Ratio-Musikcollege in Petrozavodsk in der russischen Republik Karelien statt, ein Drittel der Musiker im Orchester und die beiden Solisten stammten von dort.

Diese kulturelle Vereinigung funktionierte bestens – der junge Pianist Viktor Pellja fasste Prokofjews Konzert selbstbewusst und mit gehörigem Sportsgeist auf. Genau das ist aber die richtige Haltung für diese durchweg von Rhythmus und Spielwitz durchpulste Partitur. Dass Pellja neben seinem virtuosen Spiel auch noch die Themen sauber ausformte und mit dem ebenso souverän aufspielenden Orchester spritzige Dialoge einging, war staunenswert. Seine Chopin-Mazurka, die er als Zugabe den begeisterten Zuhörern darbot, wies dann noch etwas zuviel Prokofjew-Adrenalin auf und beruhigte sich erst gegen Ende des Stückes.

Im zweiten Teil des Konzertes bestand das Vorspiel aus Ludwig van Beethovens „Egmont“-Ouvertüre. Der Stilwechsel stellte kein Problem dar, denn das Orchester war auch hier optimal vorbereitet und formte eine flüssige, präsente Interpretation. Zum Abschluss des stellte sich das Landesjugendorchester noch der großen Aufgabe einer Uraufführung. „Bellow-unbottoned“ ist das Konzert für Bajan und Orchester betitelt, das Hans-Peter Preu für das Ensemble und die Solistin Svetlana Dolgih geschrieben hat. Jazzig und unterhaltsam kommt diese Musik daher – Preu schreibt einen saftigen Orchestersatz, in dessen Dickicht man sich aber auch fußwippend oft verliert.

Der Bajan-Part war aber in diesem vom Orchester dankbar und mitreißend ausgespielten Getümmel seltsam unterbelichtet, mal durfte Dolgih lediglich eine Melodie alleine spielen, mal eine harmonische Zelle vorgeben. Von diesem in Osteuropa und Russland sehr beliebten Akkordeon-Instrument hätte man gerne mehr gehört. Das Projekt war mit dem begeistert aufgenommenen Konzert in der Lukaskirche noch nicht beendet – im September fahren die LJO-Mitglieder zum Gegenbesuch nach Karelien und werden von dort spannende Eindrücke einer hier kaum bekannten Region mitbringen.

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Veröffentlicht in Rezensionen

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