Zum Inhalt springen →

Die „kleine Form“ ganz groß

Streicherkammermusik bei der Sächsischen Staatskapelle

Wieder einmal erwies sich der Kammerabend der Sächsischen Staatskapelle als Fundgrube für viel zu selten gespielte und doch sehr hörenswerte Kammermusik. Der erste Teil des Abends in der Semperoper war einem der wichtigsten Barockkomponisten gewidmet, nein, diesmal ist nicht die Rede von Bach, sondern von Heinrich Ignaz Franz Biber, ohne den vor allem im Bereich der Instrumentalmusik viele nachfolgende Entwicklungen kaum denkbar sind. Überdies macht das Hören dieser affektgeladenen Musik großen Spaß, wenn sich wie am Montagabend kundige Instrumentalisten zusammenfinden. So gerieten gleich die vier Sonaten aus der Sammlung „Fidicinium sacro-profanum“ zu einem Höhepunkt des Konzertes. Als Gäste wirkten zwei Berliner „Experten“ für Alte Musik mit: Bernhard Forck und Sabine Fehlandt (Barockvioline bzw. -viola) fügten sich in das kleine Kapellensemble mühelos ein. Es war vor allem die Klangdichte und rhythmische Brillanz der Sonaten, die begeisterte. Biber schüttet ein Füllhorn an musikalischen Einfällen aus, die Musik präsentiert sich wie ein lebendiges Lehrbuch von Kontrapunkt, intelligenter Behandlung von scheinbaren Nebenstimmen, rhythmischer Finesse und überraschender Dramaturgie. Dies setzte sich auch in der finalen Partita aus „Harmonia artificioso-ariosa“ fort, Ulrike Scobel und Sabine Fehlandt gaben der Viola d’amore in diesem Werk einen virtuosen und fülligen Klangcharakter, in der rasanten Gigue stockte einem der Atem ob soviel Temperament. Innerlich umschalten hieß es nach der Pause, wenngleich es bei Streicherkammermusik blieb. Doch die Besetzung zwei Violinen und Viola ist recht selten in Klassik und Romantik zu finden; Sae Shimabara, Olaf-Torsten Spies und Michael Horwath nahmen sich zweier Werke dieser Gattung an. Beethovens Trio C-Dur, Opus 87 wirkt mozartesk und nicht besonders ideenreich. Kaum einmal rafft sich das Werk zu emotionaler Spannung auf. Anders liegt die Sache bei Antonin Dvoraks Terzetto C-Dur, Opus 74, dem Komponisten gelingt in dieser kleinen Form eine ideenreiche Formanlage nebst böhmischem Furiant und überschwänglichem Finale. Der „kleinen Form“ huldigte dieses Konzert, aber auch die Interpretationen der beiden Terzette waren so hochkarätig und souverän, dass der Abend als durchweg gelungen zu bezeichnen ist.

image_pdf

Veröffentlicht in Rezensionen

Ein Kommentar

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert