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Ernstes Ringen mit dem Leben

6. Zykluskonzert mit Brahms-Werken zum Dresdner Gedenktag

Wenn in Dresden des 13. Februars 1945 gedacht wird, findet dies in jedem Jahr seinen Ausdruck nicht nur im stillen Gedenken, sondern auch im klingenden eines Konzertes. Zu diesem Anlass eignen sich nicht nur die Requiemkompositionen verschiedener Komponisten, auch die Musik von Johannes Brahms passt in ihrer nachdenklich-ernsten, aber eben oft auch trostvollen Weise zu diesem Anlass – die „weltlichen“ Textgrundlagen verdeutlichen das Ringen des Menschen mit dem Leben. So wählte die Dresdner Philharmonie zu ihrem 6. Zykluskonzert Chor- und Orchesterwerke aus: am Montagabend erklang die 1. Sinfonie C-Moll, Opus 68, am Gedenktag die 3. Sinfonie F-Dur Opus 90. Gekoppelt waren diese Werke an seltener zu hörende Chorwerke mit Orchester, die aber gleichsam in der kleinen, kompakten Form Brahms‘ Meisterschaft in der Vokalkomposition wie in der Orchesterbehandlung darstellen. Der Chefdirigent Rafael Frühbeck de Burgos leitete das Programm, mit dem die Philharmonie übrigens in dieser Woche noch in Bremen und Berlin gastiert, mit „Nänie“ (nach Schiller), Opus 82 ein. Die „EuropaChorAkademie“ (Einstudierung: Joshard Daus) konnte hier wie in allen vorgestellten Chorwerken mit klarer Textverständlichkeit und unstrittiger Intonation überzeugen. Frühbeck de Burgos modellierte die Werke deutlich, arbeitete in den a-cappella-Stellen die Phrasierungen heraus und sorgte für einen insgesamt warm klingenden Orchestersatz. Der einzige Makel, der sich besonders deutlich im „Schicksalslied“ offenbarte, war eine Begrenzung im Legato-Strom des Chores. Einige Male versandeten die großen Bögen im Bemühen von zu deutlicher Deklamierung; in der letzten Strophe konnte man sich des Eindruckes nicht erwehren, dass der natürliche Spannungsfluss ins Stocken geriet. Dennoch überzeugte diese Aufführung der Chorwerke durch viele gemeinsam ausgeführte Nuancen und einen angenehmen Gesamtchorklang. Im zweiten Teil des Konzertes erklang die 1. Sinfonie c-Moll, Opus 68 von Johannes Brahms in ungewöhnlicher Weise, nämlich mit vierfachen Holzbläsern. Diese künstlerische Entscheidung rückte zwar den Forte-Klang einige Male gefährlich nahe an eine Strauss-Partitur (und die Homogenität wird eher schwieriger), ansonsten hatte diese Variante keine nennenswerten Auswirkungen im Kulturpalast. Frühbeck de Burgos zog den 1. Satz straff durch, hier waren feine Abstufungen und ein spannungsreiches Vorwärtsdrängen zu hören. Im zweiten Satz vermisste ich eine echte Piano-Kultur, vieles drang hier zu sehr in den Vordergrund, insbesondere beim Geigen-Solo von Heike Janicke hätte ich mir einen etwas lichteren Orchestersatz gewünscht. Der dritte Satz verlief wiederum angenehm, doch im Finale, von einem brillanten Hornquartett abgesehen, war zuviel in Unordnung. Die in den vorherigen Sätzen vorgestellte Qualität war hier nicht vorhanden. In den hohen Streichern misslangen vor allem Tremolo-Läufe, der Beginn des Allegros war auseinander. Eine schärfere Pronouncierung (Staccato-Viertel) und die Finaltakte im Originaltempo wären weitere Wünsche gewesen. Doch insgesamt, so zeigte der große Applaus, konnte man mit diesem Konzert zufrieden sein.

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