Ich bin ja ein akustisch sensibler Mensch. Ist eigentlich jeder, der im Konzert sitzt, denn es geht ja ums Zuhören. Dementsprechend sind mir die rituellen Nebentätigkeiten des Publikums einigermaßen zuwider, als da wären Husten, Scharren, Bonbons auswickeln oder 3jährigen (der Babysitter hatte was anderes vor an dem Abend) während des Konzertes den Sinn einer Sonatenhauptsatzform erklären – eben alle akustischen Nebengeräusche (Ausnahme: Die akustischen Ereignisse stehen im Vordergrund des kompositorischen Interesses, dann wären wir aber bei Cage oder Kagel und beide standen nicht auf dem heutigen Programm…) – Das alles wäre aber selbst in geballter Form nichts gegen die Dame heute im Konzert. Sie hatte einen Rollstuhlplatz in der Mitte der Frauenkirche, also perfekt akustisch justiert unter der Kuppel, vier Parkettblöcke im Quadrat vor und hinter sich. Schumanns „Rheinische“ war keine 20 Takte alt, sie wartete nicht einmal den Beginn der Durchführung ab, da griff sie in ihre auf dem Schoß plazierte Einkaufstasche, holte umständlich (knarzknister) eine BRÖTCHENTÜTE heraus, öffnete (rssschhhknarz-schschzzzz) diese und friemelte (chrrrrzschschsch) ein Laugenbrötchen heraus. Spätestens hier konnte sie sich sternförmig (Parkett, Block A-D) auf sie gerichtete Gesichter sicher sein, deren Ausdruck nicht unähnlich von Gewehrmündungen waren. Bevor sie das Naschwerk während der Durchführung genüsslich verzehrte, musste die leere Brötchentüte natürlich wieder in der Einkaufstasche versenkt (knarzchrschschzzzzchrrrrssss) werden. Meine Mordgelüste in den kommenden 40 Takten versuchte ich mit dem tröstlichen Gedanken zu verdrängen, dass der Dame möglicherweise gerade beim Kauen der Sinn vertrackter Schumann-Durchführungen aufgegangen ist. Ich werde fortan in Sinfoniekonzerten immer einen Vorrat Laugenbrötchen bei mir tragen. Und Tüten. Stapelweise. *PENG*
Schumann und die Brötchentüte
Veröffentlicht in hörendenkenschreiben
Du hattest vergessen, sie wollte auch noch hineinbröseln und dabei musste sie doch auch noch geformt werden,grhtzzzzzccchhhchhhffssssss, ich fand es mal was neues am Trampeltierdasein im Konzert 😉
Nun ja, immer noch besser, als wenn sie während des Konzerts vor Hunger in Ohnmacht gefallen wäre und die Feuerwehr mit lautem Tütata das Konzert unterbrochen hätte. *g*
Positive way of thinking, ok. Aber wer kurz vorm Verhungern ist, rennt nicht in ein Sinfoniekonzert um dort öffentlich seine Survivalstrategien auszuprobieren oder?
Wer weiß. *gg*
Schumann und die Brötchentüte Ohhh ja, da könnte man zum Tier werden! Ich erinnere mich an einen Klavierabend, an welchem meine Nachbarin anfing, den Takt mit den Fingern auf ihrer Handtasche nachzutrommeln. Schon nach wenigen Sekunden dominiert dann dieses Störgeräusch! Ein kurzer, gezielter Hieb in den Nacken der Frau sorgte jedoch schnell für Ruhe 😉
naja, Schlägereien in den Konzertsälen waren 1913 wohl an der Tagesordnung, aber so rabiat bin ich denn doch nicht…