Manch zeitgenössischer Kollege mag mich nun vielleicht verfluchen, weil ich wieder für „schlabbrige Postmoderne“ Werbung mache, aber nichts ist ekliger als solche Kategorisierungen itself, also los:
Meine CD des Monats, wenn nicht die Entdeckung des Jahres 2007 bis dato wäre diese hier:
Valentin Silvestrov, 6. Sinfonie (1994/95), SWR SO Stuttgart, Leitung Andrej Boreyko (ECM).
Ich kannte Silvestrovs Musik schon früher, allerdings vor allem die 2. und 4. Sinfonie, die in einem rebellischen, avantgardistischen und sehr emotionalen Stil verfasst sind. Wie viele andere Komponisten im Osten muss auch Silvestrov eine „Wende“ im OEuvre erlebt haben hin zu einer Art Postmoderne, die sich in Polen noch im Pathos äußert, aber bei diesem Ukrainer schon die Barriere zur Weisheit genommen hat. Anders wäre diese fabulöse, lichte und doch sehr klug angelegte 6. Sinfonie mit ihren vier luziden Ecksätzen und einem fast halbstündigen Koloss in der Mitte nicht zu erklären. Der Film zu dieser Musik scheint noch nicht zu existieren, und doch sehe ich ihn schon. Möglicherweise hat er keine Handlung, sondern ist nur eine Betrachtung, ein langes, gedehntes Nachdenken, Nachsinnen, Anfühlen. Und wer mir nun nach dem Hören sagt „Das klingt ja wie Mahler“ hat Recht, aber wenn ihm dies als einziges einfällt, tut derjenige mir leid…
Silvestrov – 6. Sinfonie
Veröffentlicht in hörendenkenschreiben
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