Ranajit Sengupta (Sarod) gastierte in der Dreikönigskirche
Die Dresdner Konzertreihe „Musik zwischen den Welten“ wartet (der Titel sagt es) immer wieder mit besonderen Musikern, Kompositionen und kulturellen Begegnungen aus der ganzen Welt auf. Angesichts des Gastspiels von Ranajit Sengupta am Sonntag in der Dreikönigskirche reicht die Vokabel „besonders“ allerdings kaum mehr aus, um das Erlebnis auch nur annähernd in Worte zu fassen. Zuvor sei gesagt, dass die Rezeption klassischer indischer Musik vor allem seit den sechziger Jahren in Europa stark zunahm. Dabei kam und kommt es oft zu Begegnungen der westlichen mit der indischen Kultur, deren bekannteste, wenn auch vielleicht nicht unbedingt historisch wertvollste, die von Yehudi Menuhin mit dem Sitar-Spieler Ravi Shankar war. Aber auch die zeitgenössische (elektronische) Musik des Westens ist stark an indischer Musik interessiert, schon allein wegen der spannenden Mikrotonalität. Auch der Sarod-Spieler Ranajit Sengupta verschließt sich nicht vor solchen Begegnungen, und man kann ihn auch durchaus als einen offenen, fortschrittlichen Spieler ansehen. Zudem genießt er in Indien ein sehr hohes Ansehen, lehrt bereits selbst das Sarod-Spiel und bereichert das Raga-Repertoire durch eigene Kompositionen. Dennoch hatte der Abend in der Dreikönigskirche etwas sehr Ursprüngliches, Reines. Das lag zum einen daran, dass eben auf die multikulturellen musikalischen Begegnungen verzichtet wurde, zum anderen wurde mit Sengupta ein Musiker ausgewählt, der eben auch die großen überlieferten Ragas mit äußerster Kunstfertigkeit spielt. Läßt man sich auf Senguptas Spiel ein, merkt man schon nach wenigen Minuten, wie sich Rhythmus, Dynamik, Virtuosität und damit die Gesamtenergie aus einer großen inneren Ruhe formt. Dazu kommt eine ehrliche Freude beim Spielen, die Sengupta auch sanft mit dem Publikum kommunizierte. Spätestens da waren die Hörkonventionen ausgehebelt, die Vergleiche sinnlos. Man stelle sich lediglich ein deutsches Sinfonieorchester während des Spiels lächelnd vor – es passiert selten genug, möglicherweise haben wir noch viel zu lernen von anderen Kulturen. Im Raga transportiert sich trotz der fremden Skalen der Ausdruck sofort und eigentlich hätte es für die enorm vielseitige, rhythmisch ohne weiteres neben Freejazz und Hardrock bestehener Ornamentik Zwischenapplaus geben müssen, allein dies verbot die angenehme Hör-Versenkung, in die man durch Senguptas Spiel augenblicklich geriet. Im ersten Teil des Konzertes, das Sengupta mit wunderbaren Partnern bestritt (Samir Nandi, Tabla und Norbert Klippstein, Tanpura) gab es einen großen, einstündigen Frühlings-Raga (Raga Basant), der eine positive, vitale Grundstimmung verbreitete. Im zweiten Teil steuerte Sengupta eine eigene Komposition bei, die sich auf Volksmusik aus der Pahari-Gegend (Nord-Ost-Indien) bezog und beschloss schließlich das Konzert mit einem in Indien sehr traditionellen, bekannten Raga Malhar. Diese Demonstration klassischer indischer Musik geriet zu einem Hörabenteuer vor allem im virtuosen Bereich der Melodieausgestaltung. Zwischen Entspannung, Vitalität und ekstatischer Entfesselung konnte Ranajit Sengupta seiner Sarod ein ganzes Orchester an Klangfarben entlocken. Die Kooperation mit dem Yoga-Zentrum Dresden war ebenfalls sinnfällig, waren doch diese Ragas wahres Yoga für die Ohren. Sengupta spielte weit über zwei Stunden und konnte Freunde dieser Musik genauso wie nicht mit dem Raga vertraute Hörer absolut überzeugen.
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