Alban Gerhardt begeisterte im 9. Zykluskonzert der Philharmonie
Es fällt meist müßig aus, nach Gründen für einen nur mäßig gefüllten Kulturpalast zu suchen, denn die Konzerte der Dresdner Philharmonie erfreuen sich normalerweise eines hervorragenden Publikumszuspruches. Biergarten-Wetter und die EM-Eröffnung sind allerdings nur schlechte Ausreden angesichts des spannenden Konzertprogrammes des 9. Zykluskonzertes. Zwei „Schlager“ von Edward Elgar und Gustav Holst gab es zu hören, dazu ein 7-Minuten-Werk des Australiers Brett Dean. Letzteres war das einzige große Manko des Konzertes: wenn zeitgenössische Musik lediglich als zu flüchtiges Beiwerk in ein Konzertprogramm gegeben wird, nützt man der Musik und dem Publikum gleichermaßen nicht. Deans kurze Weltraum-Klingelei, die in der Ästhetik kaum über Richard Strauss hinausging (und der konnte es besser), hatte weder Herz noch Verstand. Von solch oberflächlich-naiven Werken gibt es Massen und sie sind nicht dazu angetan, ein anspruchsvolles und repräsentatives Bild der Musik der Gegenwart zu vermitteln. Aber möglicherweise gibt es im Brett-Dean-Schwerpunkt der nächsten Saison in der Philharmonie auch stärkere Werke des Komponisten zu hören. Die Dirigentin Simone Young bemühte sich sichtbar um das Stück, das aber als einzige „Dreingabe“ zum Hauptwerk von Gustav Holst nicht zu retten war. Zudem gab es vor der Pause schon einen einzigartigen Höhepunkt: Alban Gerhardt interpretierte das allseits bekannte Cellokonzert von Edward Elgar. Es ist ein Stück, das mit zwei, drei zu gut gemeinten Bogenstrichen und einem egozentrischen Dirigat binnen weniger Takte in die Kitschkiste rutschen kann. Das Gegenteil war der Fall: Gerhardt begab sich mit dem Cello auf eine prosaische Reise der Leidenschaften, die sich höchst charismatisch, risikoreich und zum Ende hin sogar genial darstellte, denn im letzten Satz rundete sich ein Bogen über das gesamte Konzert und man spürte intensivst, wie Gerhardt das eigene Begreifen der Musik hervorragend über den Bühnenrand brachte, und wie souverän die ausgereifte Technik des Cellisten quasi einen enormen „Wortschatz“ für die breite Ausdruckswelt des Konzertes bildete. Schön war auch, dass sich Gerhardt im Programmheft zu Wort meldete und somit zu einem umfassenden Verständnis von Werk und Interpretation beitrug. Einige anfängliche Schwierigkeiten in Reaktion und Zugriff der philharmonischen Begleitung im Cellokonzert wurden von Simone Young bald bereinigt. Sie sorgte dann auch für einen überragenden Abschluss mit der Suite „The Planets“ von Gustav Holst. Die hamburgische Generalmusikdirektorin musizierte geradeaus, opulent und ohne der Partitur Geheimnisse hinzuzufügen. Stattdessen sorgte sie für prächtigen Orchesterklang, spornte Wolfgang Hentrich (Violine) und Jörg Brückner (Horn) zu schönen Soli an und fand mit den Damen des philharmonischen Chores den passenden luziden Ausklang.
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