Ensemble Reflexion K gastierte im Kulturrathaus
Sie waren sicherlich verwundert, die Musiker des Ensembles „Reflexion K“, dem laut eigenen Angaben „nördlichsten Musikensemble Deutschlands“. Verwundert, dass in einer Kulturstadt wie Dresden sich nicht einmal ein Dutzend Zuhörer zu einem Konzert mit zeitgenössischer Musik zusammenfindet. Bereits im letzten Konzert der „Sächsischen Gesellschaft für Neue Musik“ wurden ähnliche Gegebenheiten festgestellt, es ist unverständlich, wenn es einem Veranstalter, der sich Vermittlung und Verbreitung zeitgenössischer Musik auf die Fahnen schreibt, nicht gelingt, Publikum für die Konzerte zu interessieren. So wird das professionelle Ensemble aus Schleswig-Holstein mit der irrigen Annahme heimwärts ziehen, sie hätten in der Wüste gespielt. Schön, dass sich die vier Musiker dennoch am Sonntag im Kulturrathaus tapfer ein Herz fassten und reichlich Intensität und Spannung in ihren Interpretationen verbreiteten. Das Quartett war sozusagen als Kammerbesetzung des 2001 gegründeten Kammerensembles angetreten und bot mit den Instrumenten Flöte(n), Akkordeon, Cello und Harfe eine reichhaltige Klangpalette an. Die im Konzert vorgestellten Komponisten hatten die vielfältigen Möglichkeiten dieser Besetzung gut ausgenutzt und so entstanden abwechslungsreiche Musikerlebnisse: Jin-Ah Ahns „por amor“ tastete sich noch im Duo-Bereich eher vorsichtig und spielerisch vorwärts, während der einzige Dresdner Beitrag, „Islands“ von Jorge Garcia del Valle Méndez, recht deutlich komponierte Form- und Klanggestalten ausstellte. Hier war das Konzept der Komposition, nämlich die flächige Momentaufnahmen isolierter Ereignisse in einen übergeordneten Zusammenhang zu stellen, als gelungen zu bezeichnen. Gerald Eckerts „Nachtbogen“ formte dann viele Töne am Rande des Verschwindens; dieses Stück glich einer akustische Dia-Show von sich stetig wandelnden isolierten Ereignissen. Toshio Hosokawas „Birds Fragments III“ reiht sich leider nahtlos ein in eine Unmenge ähnlicher Stücke des Komponisten und konnte daher in der Kombination virtuos-heftiger Flötenarabesken vor flächigem Hintergrund des Akkordeons kaum überzeugen. Im Momentaufnahmen-Reigen gesellte sich noch James Saunders‘ „#010209“ hinzu, dessen Modul-Kompositionen jeweils nur am Tag der jeweiligen Aufführung Bestand haben. Spätestens hier begann man sich aber zu fragen, welcher Sinn hinter der Folge einzelner Klangereignisse stand. Die Ausbreitung der klangverliebten Einzelaktionen wirkte insbesondere in Sanders Stück wie das Öffnen einer Schublade mit lauter kleinen, wundersamen, aber letztlich unnützen Gegenständen. Schön, dass daher das Final-Stück einmal sämtliche Farbeimer emotionsgeladen auskippte. Der Däne Klaus Ib Jørgensen schuf in „Rhapsodie der Farben“ mit einer Nolde-Vorlage einen klanglichen Bildersturm der sinnlichen Art. Hier konnte man beim Zuhören Takt für Takt auf Entdeckungsreise gehen und die „Eigenwilligkeit“, die man übrigens vielen dänischen Komponisten zusprechen kann, brach sich hier auch in einem fremdartig melancholischen Schluss Bahn. Toll war, wie konzentriert und souverän sich Beatrix Wagner (Flöte), Gerald Eckert (Violoncello), Eva Ignatjeva (Harfe) und Eva Zöllner (Akkordeon) über die gar nicht leichten Partituren hermachten und jede noch so kleine Klangaktion liebevoll gestalteten. Und beim nächsten Mal ist der Saal dann auch voll, versprochen.
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