Da bisher nicht veröffentlicht, erscheint mein Leserbrief an die DNN eben hier. Der Originalartikel aus der DNN vom 17.2.2009, „Veranstalter laufen Sturm gegen Umbau des Kulturpalastes“ ist leider im Netz nicht verfügbar, da der Online-Auftritt der DNN ohne Kultur auskommt. (Das wäre eigentlich gleich den nächsten Leserbrief wert…). Im Ursprungsartikel plädiert Popmusikkonzert-Veranstalter Bernd Aust jedenfalls für gar keinen Umbau, denn man könne ja den Saal mittels elektronischer Soundsysteme für die unterschiedlichen Anforderungen ausstatten. Brahms mit Verstärker also.
Strikte Trennung
Völlig einleuchtend sind die verschiedenen Positionen und Ansprüche der Veranstalter in diesem Thema. Schwierig wird es allerdings, wenn sich der eine in des anderen Metier einmischt: Ich höre Orchestermusiker und Zuhörer in aller Welt schallend lachen, wenn ich diesen Herrn Austs Vorschlag von „Soundsystemen“ vorstellen würde. Für möglicherweise noch verfremdete Konserve (danke, CDs höre ich zu Hause) zahlt niemand ein Konzertticket, und kein Orchester der Welt würde eine Brahms-Probe in einem Konzertsaal mit einem enervierenden Soundcheck beginnen. In der Welt der Klassik gelten eben andere Ansprüche der Zuhörer. Das „Entertainment“ fängt hier eben erst an, wenn ich ein Orchester pur und in der direkten, technikfreien Übertragung der Leidenschaft der Musiker empfangen kann.
Die Aussage von Aust weist aber dankenswerterweise auf genau eine Lösungsmöglichkeit hin: Dresden braucht die strikte Trennung von Unterhaltungsmusik (Stadthalle/Kulturpalast) und klassischen Konzerten (neues Konzerthaus). Wenn der Kulturpalast nun zum Philharmonie-Liebling umgebaut wird, ist dies auch keine Lösung, weil diese sowohl die Stadthallen-Ansprüche ignoriert als auch nach außen hin als ein Kompromiss aus zweiter Reihe wirkt, der in keinster Weise einer Kulturstadt gerecht wird. Ich darf an GMD Fabio Luisis in der DNN vor Jahresfrist veröffentlichten Standpunkt erinnern und schließe mich an: „Qualität wird durch die erfolgreiche Suche nach dem Besten definiert.“ Dresden darf sich in diesem Thema eben keinen kleinsten gemeinsamen Nenner, keinen Kompromiss leisten. Wenn sich die Stadt nicht nach der Brückenblamage erneut der Lächerlichkeit preisgeben will, kann es nur einen Weg geben: ein neues Konzerthaus für klassische Konzerte muss gebaut werden, und zwar das Beste und Schönste. Dann können Aust&Co. nach Herzenslust im stadthallenartig erhaltenen und genau für diese Belange (hier läge auch finanzielles Sparpotenzial) verbesserten Kulturpalast die Massen begeistern. Wir Klassikliebhaber werden im neuen Konzerthaus Gastspiele weltberühmter Orchester sowie Konzerte der beiden Dresdner Klangkörper genießen, und zwar ohne Verstärkung, ganz hautnah und in einem Raum, der für klassische Musik aus Tradition und Gegenwart heutzutage nicht nur geeignet ist, sondern eben „Qualität“, „das Beste“ ausstrahlt. Das ist kein Luxus, sondern muss bei einer Stadt, die sich selbst als „Beste“ darstellen will, oberste Priorität haben. Rätselhaft ist mir, warum sich die Philharmonie sich nicht vom Kulturpalast verabschiedet zugunsten einer Haltung, die ALLE Ansprüche, Musiker und Genres in Dresden berücksichtigt – etliche Ensembles der Stadt gastieren in zu kalten Kirchen oder muffigen Konferenzräumen. Und mal ganz abgesehen von der ach so schönen Innenakustik: Ein modernes Konzerthaus sollte auch von außen architektonisch das widerspiegeln, was innen stattfindet, dies wird im Kulturpalast niemals gelingen.
Das beste Konzerthaus und die beste Stadthalle, das wäre die konsequente Lösung, die diese Stadt braucht. So würde sich Dresden qualitativ endlich in die Reihe bedeutender Kulturstädte Europas einreihen und seine kulturelle Zukunft sichern. Dafür warte ich auch gerne noch zehn Jahre, bis die Finanzierung steht. Aber bitte keine Kompromisse mehr, weder für die eine Seite noch für die andere.
mehr zum Thema:
* MDR
* Konzerthaus Dresden Initiative
* nmz-Artikel von Michael Ernst
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