Carl Maria von Weber im 1. Zykluskonzert der Philharmonie
Wenn man es genau nimmt, kann man die Saisoneröffnung der Dresdner Philharmonie im gleich dreifach begehen, denn die insgesamt 27 sinfonischen Programme sind aufgefächert in Philharmonische, Außerordentliche und Zyklus-Konzerte. Vom der thematischen Bindung der Zyklus-Konzerte ist die Philharmonie in den letzten Jahren abgewichen (für die drei Reihen prangen im Saisonheft bereits die nüchternen Buchstaben A, B und C). Die Bezugnahme der gegenwärtigen Zyklus-Konzerte auf Komponisten Dresdner Provenienz ist kaum besonders zu nennen, denn diese musikalische Heimatverbundenheit ließe sich problemlos mit Dutzenden Komponisten jedes Jahr aufs Neue beschreiben. Und doch: ein ganzes Konzert mit rein orchestralen Werken von Carl Maria von Weber zu gestalten, ist zumindest nicht der Regelfall. Für „einen der ihren“ kommen die Dresdner allerdings in Scharen und so war der Kulturpalast am Sonnabend auch ordentlich gefüllt. Samt Zugaben bot die Philharmonie mit den Solisten sogar sieben Kompositionen des Meisters auf. Dass dessen 1. Sinfonie C-Dur kaum so oft erklingt wie der „Freischütz“, hat verschiedene historisch bedingte Gründe. Vor allem ist die Sinfonie ein nicht unbedingt ausgereiftes frühes Werk: zu verspielt und biedermeierisch kommt die Sinfonie daher, als dass sie über den Rang einer kleinen Delikatesse hinauskäme. Allerdings ist der Philharmonie für diese Wahl schon insofern zu danken, da eben das spannende Spektrum der Sinfonik zu Beginn des 19. Jahrhunderts eben nicht nur aus Beethoven und Schubert besteht. Chefdirigent Rafael Frühbeck de Burgos versuchte einen lockeren Klang mit recht behenden Tempi zu erzeugen. Da war manche Schönheit im melodischen Detail zu entdecken, ab und an lugt bereits der Opernkomponist hervor. Im arg schnellen 4. Satz fehlte ein wenig die Genauigkeit im Rhythmischen. Im Wechsel zwischen dem Entdecken der musikalischen Schönheiten der Weberschen Musik und dem Bedauern über doch nicht immer geordnete Bahnen der Interpretation setzte sich ein etwas ambivalenter Konzerteindruck fort. Christoph Berner gestaltete mit dem Orchester das Konzertstück f-Moll, Opus 79, ein reiferes Werk, das nicht umsonst bei Liszt und Schumann auf Gefallen stieß: durchweht von romantischen Geschichten und gebettet auf hohe Virtuosität ist es eine nicht im Vorübergehen zu knackende Nuss, der Berner mit etwas zu geradlinigem Spiel begegnete. Hier fehlte etwas der freie, durchaus „romantisch“ zu empfindende Atem durch flexible Tempogestaltung. Technisch agierte Berner hingegen stets souverän agierte und brannte am Ende auch ein pianistisches Feuerwerk samt rassiger Zugabe ab. Im zweiten Teil des Konzertes geriet die von Hector Berlioz instrumentierte und als Konzertpièce oft dargebotene „Aufforderung zum Tanz“ (mit feinem Cello-Solo) leider vor der Coda arg inhomogen. Frühbeck de Burgos hatte zu oft das Ganze im Blick und die von ihm durchaus motivierend initiierten flinken Passagen waren an diesem Abend nicht immer von Glück begleitet. Auch das Schlussallegro der Freischütz-Ouvertüre litt darunter, doch jedes Stück hatte seine Kostbarkeiten zu bieten: hier war es der runde Klang der Horngruppe. Wenn sich aber in diesem Stück die Selbstverständlichkeit des Kennens und Könnens zu sehr verbreitet, dräut die Gefahr des Verlustes des Zaubers. Zuvor hatte Solo-Klarinettist Fabian Dirr das Concertino Es-Dur in frei schwingender, parlierender Haltung interpretiert – sehr aufmerksam und kantabel schmückte das Orchester die leise Begleitung aus. Schwungvoll und tänzerisch leicht beendeten die Philharmoniker mit der Oberon-Ouvertüre diesen Weber-Reigen, der nicht immer auf höchsten Weihen schwebte, aber einige Preziosen zu bieten hatte.
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