Arcadi Volodos‘ Debüt bei der Staatskapelle Dresden
1972 in St. Petersburg geboren, zählt der als „Genie am Klavier“ gefeierte Arcadi Volodos zu den herausragendsten Pianisten unserer Zeit. 1987 begann er seine Ausbildung in St. Petersburg, setzte sie dann in Moskau, Paris (Jacques Rouvier) und Madrid (Dmitri Bashkirov) fort. 1997 sorgte sein erstes Album mit von Volodos selbst geschriebenen Transkriptionen für Aufsehen und wurde vielfach ausgezeichnet. Seitdem arbeitet er mit führenden Orchestern und Dirigenten in aller Welt zusammen.1999 wurde sein Carnegie-Hall-Debüt veröffentlicht. Seine letzte CD mit Werken von Franz Liszt erhielt den Diapason d’Or und den Echo Klassik. Bei der Staatskapelle Dresden gastierte Arcadi Volodos zum ersten Mal und stellte das 2. Klavierkonzert von Johannes Brahms vor.
Alexander Keuk sprach nach einer Probe mit dem Pianisten.
Arcadi Volodos, Sie gastieren zum ersten Mal bei der Staatskapelle Dresden, wie war die Probe eben?
Es ist noch etwas früh, etwas zu sagen – die erste Probe ist immer eine Annäherung, man spricht über Tempi, das ist ein gegenseitiges Kennenlernen zwischen Solist und Orchester.
Ist es etwas Besonderes für Sie, mit der Staatskapelle zu musizieren?
Für mich ist jedes Konzert ist etwas besonderes, etwas sehr wichtiges. Hier ist der Klang des Orchesters sehr schön.
Sie werden oft als Poet am Klavier bezeichnet. Welche Geschichte erzählen Sie uns mit dem Klavierkonzert von Brahms?
Eigentlich kann man das nicht in Worte fassen. Jeder Moment, jede kleine Linie in diesem Werk hat seine eigene Botschaft, eine seelische Bedeutung. Das ist das schöne an der Musik, dass sie ohne Worte auskommt. Das kann man sogar mit Meditation vergleichen, es gibt einen bestimmten Status, an dem die Worte unwichtig sind. Man muss nicht fassen können oder erzählen müssen, was man genau da fühlt.
Inwieweit haben Sie in Ihrer Vorbereitung einen festen Plan vom Stück und wo entstehen Dinge im Konzert neu? Nutzen Sie diese Art von interpretatorischer Freiheit bewusst aus?
In der Vorbereitung habe ich natürlich sehr konkrete Vorstellungen von den Farben, von den Nuancen und Tempi des Werkes, aber wenn man die Bühne betritt, kommt noch Inspiration dazu und dann entstehen auch neue Dinge. Es gibt auch Nuancen, die kann man gar nicht vorbereiten, die geschehen einfach auf der Bühne, das muss man zulassen.
Sie haben früher Werke bearbeitet und transkribiert, ihre erste CD mit Transkriptionen wurde berühmt – was macht für Sie den Reiz dieser Bearbeitungen aus?
Ich schreibe immer noch Transkriptionen, man kann sie nicht mit den früheren vergleichen, aber ich mag z. B. sehr gerne Vokalmusik und in letzter Zeit habe ich Lieder für das Klavier transkribiert. Es geht mir dabei gar nicht so sehr um die Virtuosität der Stücke, sondern sehr viel mehr um die Polyphonie, um die Vielstimmigkeit der Klänge und Tonalitäten, das interessiert mich. Die Geschwindigkeit spielt doch keine Rolle. Das Publikum sollte den Pianisten vergessen, es sollte sich von den vielen Gefühlsmomenten der Musik forttragen lassen. Der Flügel klingt doch wie ein ganzes Orchester, und in den Transkriptionen werden die Klangfarben geradezu räumlich.
Also steht auch selbst im romantischen Brahms-Konzert nicht der Pianist im Mittelpunkt?
Die Musik ist genialer als es jeder einzelne Interpret sein kann.
Ist Ihnen dann die Virtuosität dann gar nicht so wichtig? Ihre letzte CD besteht ausschließlich aus Werken von Franz Liszt…
An Liszt fasziniert mich seine Religiösität, seine Mystik, nicht seine Virtuosität. In den Momenten der Virtuosität entsteht ein Energieschub, diesen genieße ich sehr. Es ist eine Art Temperament, das dann entsteht.
Ist Arcadi Volodos ein Perfektionist? Ist man zufrieden nach einem Konzert, nach der Erarbeitung eines Werkes?
Das gibt es nicht, man findet nie was man sucht, sonst könnte man gleich den Klavierdeckel zumachen, es geht immer weiter. Man entwickelt sich doch auch als Mensch immer weiter. Man braucht diese Unzufriedenheit, dass man noch nicht erreicht hat, was man eigentlich wollte, dann geht man einen Schritt weiter. Auch die Interpretationen verändern sich ja mit der Zeit.
Sie spielen relativ selten mit Orchester, ist das eine besondere Herausforderung oder sind Sie lieber alleine mit dem Flügel auf der Bühne?
Ich habe jetzt viel Brahms gespielt. Generell spiele ich lieber ein Recital als ein Klavierkonzert. Das liegt daran, dass die Klangpalette des Flügels in einem Recital noch viel größer und nuancenreicher ist. Im Klavierkonzert muss man oft auf den Klang des Orchesters eingehen.
Ihre neue CD wird im Januar erscheinen; die Aufnahme des Wiener Recitals vom Mai 2009 enthält Werke von Skrjabin, Ravel, Schumann und Liszt. Wie gehen Sie bei der Dramaturgie eines solchen Programmes vor, die Komponisten sind ja stilistisch nicht gerade eng beieinander?
Genau das war das Spannende an diesem Klavierabend, Ravel und Skrjabin zu vereinen oder im zweiten Teil zu erforschen, was die Schumann „Innigkeit“ nennt und dies wiederum in Kontrast zu Liszt zu setzen. Ich wollte in diesem Klavierabend die verschiedenen Welten zeigen.
Vielen Dank für das Gespräch.
Neue CD: Volodos in Vienna – Werke von Skrjabin, Ravel, Schumann, Liszt, ab 15.1.2010 im Handel, auch als DVD und Blu-Ray.
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