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Twitter

Manchmal hat man das Gefühl, man habe bei Twitter noch ein minderwertiges Produkt als die Bild-Zeitung vor Augen (vor allem, da man von irgendwelchen common-sense Qualitätsstandards nicht reden kann). Eins von hunderten Beispielen der oft zutiefst mißverständlichen „Schreibe“ dort:

„Musiker des Cleveland Orchestra bestreiken Konzerte mit Dirigent Welser-Möst“

Armer Herr Welser-Möst, kann wohl nicht dirigieren…? Tja, reingefallen. Denn die hier verkrüppelt publizierte Meldung lautet ganz anders** –
Im Zeitalter medialer Überlastung, zu der das Twitter-Scrolling munter beiträgt, macht sich doch keiner Mühe, das im Querlesen zwischen sekündlich im Dutzend eingehenden 140-Zeilen-LiesMichIchBinSoCOOL-Twittermeldungen da reinzuklicken?
Twitter ist so gesehen ein recht gefährlicher journalistischer Moloch, aus dem sich nur mit einer gehörigen Portion Distanz, und Eigenverantwortlichkeit Positives und Nützliches ziehen läßt.
[Es sei denn man abonniert nur Girlie-Müll à la „ich ess grad n schokoriegel“, „Tanjas neuer geht gar nicht“ usw. – DAS sind natürlich unmissverständliche Zeugnisse einer neuen Medienkultur…]

** NB: Natürlich gehört da auch http://klassik.com auf die Finger gehauen, denn DORT steht ja die Titelzeile ebenso. Aber muss man die unreflektiert einfach ins Twitter kopieren? Ts…

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Veröffentlicht in Weblog

8 Kommentare

  1. Nicht das Medium… sondern der Umgang damit ist das Problem. Solange Schnelligkeit ein höheres Gut als Substanz ist, wird sich daran allerdings nichts ändern. Früher war Alles besser 🙂

  2. Das ist wirklich eine ziemlich blöde Verkehrung der Umstände und des Streikobjekts.
    Allerdings muss man dazu wissen, dass FWM in seiner Küche eine ehemalige Kaffeedose stehen hat, die bis oben mit 1-Dollar-Scheinen gefüllt ist. Aus dieser hat er täglich die Entlohnung der einzelnen Musiker genommen, die sich bei ihm in einer langen Reihe aufgestellt haben, um Demut und Unterwerfung dem Meister gegenüber zu üben.
    Üben ist gut!
    Kein Wunder, dass sie ihn jetzt bestreiken, weil ihnen de Weg nach Wien zu weit ist.

    Aber ist es nicht so, dass Twitter und die Klassik nichts miteinander zu tun haben sollten. Für die eine muss man Zeit investieren, Twitter wird sich bald von Buchstaben auf Pictogramme, die zusammen geklickt werden, reduzieren. Denn wirkliches Lesen ist out bei Leuten, deren Horizont bei 145 Zeichen aufhört.

    • Interessant wäre aber für mich die Schnittstelle, wo diese neuen Medien mit der Kultur bzw. Klassik zusammengehen. Aber das scheint noch ein weiter Weg…

    • Die Schwierigkeit der Schnittstelle ist nicht im musikalischen Bereich zu finden.
      Wir leben in der IAS (ich, alles, sofort)-Generation, die die Dinge geschenkt, ohne viel Anstrengung und sofort erhalten möchte.
      Eine Gesellschaft, die sich mit „Geiz ist geil“ ködern und betrügen lässt, wird nicht zu dem Punkt kommen, dass bestimmte Werte ein Zeit und auch Mühe zum Erarbeiten benötigen.
      Der Schweiß, der im Fitness-Studio gerne in Kauf genommen wird, wird beim Hirn abgelehnt.
      Und das spiegelt sich dann auch in unserer Politik wieder.

    • Das ist schon richtig. Aber gerade im Kulturbereich finden sich ja Leute, die zum einen Zeit, Mühe und Werte schätzen und auf der anderen Seite die neuen Medienformen sinnvoll nützen wollen. Oder anders: „Hirn will Arbeit“ – den Slogan des neuen Dradio Wissen setze ich hier gerne mal ein. Auch das BadBlog ist etwa ein konstruktiver Versuch, Leute mit gleichen Interessen im Web 2.0 zu (ver)sammeln. Die Massen der Gesellschaft bestimmen vermutlich die Entwicklung des Webs, die Nische Kultur/Musik hat sich danach zu richten. Aber ich glaube schon, dass sie ihre Inseln finden wird, dafür gibt es genug positive Beispiele.

  3. Meldungen bei twitter ohne links sind bzw. waren für mich eh inakzeptabel…. Eine 140 – Zeichen – Meldung kann nur ein Anreißer sein, auf einen anderen, ausgearbeiteten Text einer verlässlichen Quelle hinzuweisen. Ausnahmen mag es nur da geben, wo es eine solche nicht gibt / geben kann, etwa bei den Protesten im Iran, beim Erdbeben in Haiti. Wenn das verlinkte Medium aber schon selbst „Mist baut“ – das passiert gerade in Überschriften immer wieder – hilft es, wenn der Poster den Artikel erst einmal liest und seinen tweet entsprechend abändert. Das aber macht Arbeit und kostet Zeit, die nur wenige investieren wollen…. Da verliert sich der Fun – Aspekt des neuen Netzwerkes entweder schnell oder man raucht sich auf und ermüdet nach gewisser Zeit (so wie ich).

    • genau..mit der Zeit bekommt man raus, wofür man das Ding einsetzen kann. Nur den Müll schleppt es natürlich ständig mit sich rum…

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