Windsbacher Knabenchor gastierte in der Frauenkirche
Die Sonnabendkonzerte in der Dresdner Frauenkirche werden auch während der Ferienzeit im Sommer fortgesetzt. Viele Besucher weilen in der Stadt, die sich die hochkarätigen Klassikkonzerte in der Kirche nicht entgehen lassen. Mit einem geistlichen, von schlichter Eleganz geprägten Programm gastierte nun der Windsbacher Knabenchor in der Frauenkirche. In der Schar der traditionsreichen Knabenchöre und Kurrenden gehören die Windsbacher zu den jüngeren Ensembles. Gleichwohl haben sie sich in ihrer bald 65jährigen Geschichte eine hohe Reputation erarbeitet und sind eines der musikalisch anspruchsvollsten Ensembles dieser Zunft.
Die Dresdner Frauenkirche ist für die Windsbacher ein gerne angesteuertes Gastspielziel und nach einigen absolvierten Konzerten ist das Ensemble überaus sicher in der Findung eines idealen Chorklanges für diesen Raum. Davon konnten sich die Zuhörer überzeugen und staunten mit Recht über eine außergewöhnliche Gesamtleistung, der eine intensive Vorarbeit vom Leiter Karl-Friedrich Beringer vorausgegangen sein muss. Im Chor weiß jeder Sänger um seine spezielle Aufgabe, sowohl seine individuelle Stimmkraft einzusetzen, als auch im Miteinander einen homogenen Chorklang zu formen.
Das Ergebnis ist beeindruckend und offenbarte sich schon im eingangs musizierten Gloria D-Dur von Antonio Vivaldi, einem dankbaren und immer wieder gerne musizierten Werk des Barock-Repertoires. Die Interpretation wurde von klug gesetzte Deklamation, klarer Phrasierung und dynamischer Arbeit bestimmt. Der leicht im Tempo überfahrene Beginn und die weniger im Focus stehende federnde Rhythmik (etwa des „Quoniam“) schmälerte den guten Gesamteindruck etwas. Im „Domine Deus“ von Ingeborg Danz (Alt) litt die Intonation im Continuo, das Oboensolo der Sopranarie (Jutta Böhnert – Sopran) war zu sehr romantisch aufgefasst. Überhaupt war das begleitende Münchner Kammerorchester nicht auf der Höhe seines Könnens, oft herrschte Unordnung in den Streichern und man schwankte zwischen falscher Zurückhaltung im Bassregister und barockem Individualismus auf modernem Instrumentarium. In der folgenden Bachkantate „Wer weiß, wie nahe mir mein Ende“, BWV 27 hätte die verstolperte Altarie zwingend dirigiert werden müssen. Beeindruckend war hier die chorische Ausgestaltung der Ecksätze, der Windsbacher Knabenchor zeigte hier wieder eine große Palette des Ausdrucks. Markus Schäfer (Tenor) und Thomas Laske (Bass) fügten souveräne Soli hinzu, die Damen hingegen konnten nicht immer überzeugen: Danz wirkte nicht rund genug, Böhnert gab zu wenig Intensität in ihre Sopranstimme.
Nach einem etwas zu flüchtig-schnellen Beginn fand Beringer zum Abschluss des Konzertes in der G-Dur-Messe von Franz Schubert bald einen ruhig-gestaltenden Fluss, der zu den nur beeindruckend zu nennenden Interpretationen von Gloria und Credo führte. Das Crucifixus geriet zum zwingenden Höhepunkt des ganzen Werkes, tröstlich war der Beschluss im Agnus Dei, bei welchem im Orchester immer noch dieses geheimnisvoll-überzeugende Element fehlte, das doch die Windsbacher im ganzen Konzert so selbstverständlich zelebriert hatten: schärfenloser, tragend-homogener Klang, niemals von Kraftverbrauch oder Einzelstimmen dominiert. Dieser Knabenchor hat derzeit enorme musikalische Qualitäten und läßt Werke, die geradezu zur Detailgestaltung und zum Affekt auffordern, zum auch durch das am Ende wild fotografierende Publikum nicht trübbaren Genuss gelingen. Denn der musikalische Eindruck im Gedächtnis ist weitaus wertvoller als jede emotionslose Urlaubs-Diashow.
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