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Porzellanesk und sinfonisch

Kontrastreiche Kammermusik des Moritzburg Festivals in der Frauenkirche

Dass Moritzburg mitten in Dresden liegt, wissen die Geografen zu widerlegen, aber es gibt es hinreichend historische Bezüge zwischen der Hofstadt und Jagdschloss. Und so ist es nur natürlich, wenn auch die Musik diese Grenzen ignoriert – selbstverständlich präsentiert sich das Moritzburg Festival in der Frauenkirche und führt so die „auf dem Lande“ einstudierte Kammermusik wieder in die Metropole. Dass die akustischen Gegebenheiten der Frauenkirche gewöhnungsbedürftig sind, ist bekannt. Das gilt leider auch für (dort natürlich seltener zu hörende) kleinbesetzte Kammermusik, in dem es gilt einen tragfähigen Klang zu erzeugen, der weder im Nirgendwo wegbricht noch im Volumen ertrinkt und verschwimmt. Wer sollte da für ein anspruchsvolles Konzertprogramm besser geeignet sein als die hochrangigen Solisten des Moritzburg Festivals? Trotzdem lag eine schwere Aufgabe vor den Musikern und das war der Charakteristik der ausgewählten Werke geschuldet: Die „Sechs Gesänge“, Opus 107 von Robert Schumann sind in ihrer Zartheit nun wirklich keinesfalls für einen Kuppelbau komponiert worden. Auch die vorgestellte Quartettfassung, die Aribert Reimann 1994 schrieb, bewahrt diesen intimen Charakter. Kai Vogler, Friederike Starkloff, David Aaron Carpenter und Nicolas Altstaedt spürten den Linien nach, doch trotz höchster Hingabe geriet die Ausführung zu porzellanesk, so dass man vor allem den harmonischen Verlauf im Kirchenrund kaum mehr wahrnahm. Die Sopranistin Christiane Iven konnte hier nicht überzeugen, mit geringem Ausdrucksspektrum wusste sie mit den unterschiedlichen Textwelten, den starken Emotionen und Gedanken der Gedichte kaum etwas anzufangen. Diese Zurückhaltung gab sie in Dmitri Schostakowitschs Romanzen-Suite nach Alexander Blok, Opus 127 (mit Kai Vogler, Violine, Li-Wei Qin, Viola und Oliver Triendl, Klavier) auf und wagte sich an eine nunmehr viel intensiver gestaltete Melodieführung, die auch dramatische Formung annahm. Dieses Werk – den russischen Originaltext des Lyrikers hätte man sich gern im Programmheft gewünscht – ließ keinen Zuhörer kalt, denn die erst am Ende aus den Soli entwickelte Klaviertriobesetzung wusste mit ausdrucksstarkem Spiel besonders in den Streichersoli und im Finalsatz zu glänzen. Das einkomponierte innere Wutstampfen des Komponisten sollte allerdings nicht durch Tritte und Stöhnen des Pianisten in eine krampfartige Haltung gebracht werden, der der Musik die Intensität sofort wieder nimmt. Überraschenderweise hatte sich die Konzertpause an diesem Abend offenbar ihren freien Tag genommen: sie fiel aus. Die verordnete Bewegungsunterdrückung war sicher nicht in jedermanns Sinne, aber so bekam man die Gelegenheit, den Übergang von der fein gesponnenen vokalen Kammermusik zur fast sinfonischen Sextettbesetzung als direkten Kontrast zu erleben. Der Ausklang mit dem G-Dur-Sextett von Brahms war superb: Karen Gomyo, Friederike Starkloff, Teng Li, Benjamin Rivinius, Jan Vogler und Nicolas Altstaedt spielten mit Höchstkonzentration und wiegten sich bereits im 1. Satz auf schnell gefundenen Schwerpunkten in ausgefeilter Dynamik. Immer wieder wurde das Sextettgebäude freudig neu errichtet und erstrahlte in vielen Lichtbrechungen; das Dur-Leuchten des Eingangssatzes verschwand in der schattigen Durchführung und einem selbstbewussten Adagio folgte ein sorglos auftrumpfendes Finale: Kammermusik auf höchstem Niveau.

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