Ensemble Resonanz präsentiert Werke für Streicher bei den Tonlagen Hellerau
Nach einer bunten ersten Woche der „Tonlagen“ im Festspielhaus Hellerau präsentierte sich das Haus am Sonntagabend zumindest optisch entschlackt: für das Konzert des Hamburger Ensembles Resonanz gab es weder Tanzboden noch Trockeneis, auch die Lichtorgel schwieg. Nur Stühle und Notenpulte waren aufgebaut, die von einem bevorstehenden Abend kündeten, der diese „nackte“, oftmals ungleich stärkere Wirkung der Musik bereits im Titel verbarg: „Open Spaces“. Vielleicht ist dies auch eine der anspruchsvollsten Darbietungsformen Neuer Musik, denn in der Genreverschränkung des Musik- oder Tanztheater können sich Auge und Ohr gut die Arbeit aufteilen. Doch hier waren verschärfte Bedingungen: nicht nur fehlte das stets präsente „ON“-Fiepen einer arbeitenden Technik im Ruhezustand der Musik, auch wurden ganze Instrumentengruppen dem Publikum vorenthalten: sechs Stücke nur für Streicher, davon gleich zwei Uraufführungen.
Der Anspruch blieb hoch, die Qualität der Stücke allerdings ebenfalls, die Interpretation sucht seinesgleichen und so hatten die Besucher des Konzertes am Ende allen Grund zum Applaus. Denn allen Werken gemeinsam war, dass die Komponisten den Korpus „Streicherensemble“ als eigenes Instrument handhabten und damit fleißig experimentell oder konzeptuell umgingen.
Iannis Xenakis kompaktes „Aroura“ machte schon fast als Klassiker den Auftakt und gab die Räumlichkeiten vor, die Georg Friedrich Haas dann am Ende in „Open Spaces II“ mühelos sprengte. Ohnehin lohnt in struktureller Hinsicht das Nebeneinanderstellen dieser beiden Grenz-Werker, die in gewisser Hinsicht verschiedene Quartiere desselben Ortes bearbeiten. Das Programm zum Mittelpunkt verfolgend erklangen weitere vier Kompositionen, die sich vor allem in einer dichten, aber im jeweiligen Stil konsequenten Materialbehandlung ähnelten.
Alessandro Perinis „Exploración de la biblioteca de Babel“ fiel allerdings in einer bruchstückhaften, manchmal zu offen expressiv daliegenden Gestik heraus aus dem Reigen und war dennoch das am schwierigste geistig nachzuvollziehende Stück des Abends. Beat Furrers „Xenos III“ bildete dann fast das Gegenstück dazu: Dirk Rothbrust und Thomas Meixner traten als Schlagzeuger hinzu und formte gemeinsam mit dem Ensemble eine Meta-Ebene der Sprache hinter dem zugrundeliegenden Text von Händl Klaus, dieser Teil wurde dann in einer zweiten Schicht noch einmal in emotionale sprachlose Regionen tiefergeführt. Benjamin Schweitzers „holzschnitt“ führte das Streichorchester auf originelle Weise zurück zu den Ursprüngen und bewies, dass ausgehörte Klanglichkeit keine Frage der Massierung von Effekten ist.
Einen ungemein poetischen Beitrag leistete Michael Hirsch mit „Rezitativ und Arie“ für Claves (Hölzer) und Streicher, bei dem man meint, ein virtuelles Opernfragment durchschimmern zu hören, dass eben nur in einem erinnerten Rhythmus oder schemenhaften Vorbeihuschen existiert. Dass alle diese Streichergeschichten so plastisch wurden, liegt an der exzellenten Darbietung des Ensemble Resonanz unter Leitung von Beat Furrer, die am Schluss wirkungsvoll die Planeten von Georg Friedrich Haas mikrotonal erbeben ließen.
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