Lukaspassion von Krzysztof Penderecki im 7. Zykluskonzert der Dresdner Philharmonie
Es ist mutig und mutmachend zugleich, dass die Dresdner Philharmonie in der Passionszeit nicht (nur) auf die großen alten Meister setzt, sondern auch einen Zeitgenossen zu Wort (und Ton) kommen läßt. Der polnische Komponist Krzysztof Penderecki schuf 1965/66 seine „Lukaspassion“ – das ist immerhin schon über 40 Jahre her. Heute blicken wir auf ein einzigartiges Dokument oratorischen Komponierens dieser Zeit. Untrennbar ist dieses Werk mit der Vita des Komponisten, vielleicht auch mit der Entwicklung der polnischen Musik im 20. Jahrhundert überhaupt verbunden, für die Penderecki bis heute Maßgebliches geleistet hat.
Stark verbindet viele polnischen Komponisten die Präferenz des Ausdruckes in der Musik – trotz aller damals modernen Spielarten der Instrumente und avancierter Komponiertechniken wird Pendereckis Lukaspassion vom Spannungsbogen des Textes getragen, vom Wechselspiel der hier gesprochenen Evangelistenerzählung (Ahmad Mesgarha löste diese Aufgabe eindringlich) über die Jesusworte und Arien bis hin zu der bei Penderecki extrem in den Fokus gerückten Rolle des Volkes. In der vom Komponisten selbst geleiteten Aufführung im 7. Zykluskonzert war man daher auch restlos beeindruckt von der konzentrierten Leistung des MDR Rundfunkchores Leipzig (Einstudierung Howard Arman), vor allem im „In pulverem“ und im „Stabat Mater“. Herausragend, mutig einsetzend und klangvoll die gemeinsamen Ausrufe formend agierte auch der Philharmonische Kinderchor Dresden (Einstudierung Jürgen Becker), allerdings musste hier ein Subdirigent her, um vor allem die Übersicht der Chorpartien herzustellen.
Der tollen interpretatorischen Leistung der Chöre folgten die Solisten Sandra Trattnig (Sopran), Tomasz Konieczny (Bass) und der kurzfristig eingesprungene Thomas E. Bauer (Bariton) mit hervorragender Gestaltung ihrer vom tiefsten Brummen bis zum Falsett oder Schrei ausgedehnten Partien. Man hätte gerne von einer authentischen Aufführung unter Leitung des Komponisten berichten mögen. Doch die Lukaspassion öffnet sich dem heutigen Ohr keinesfalls wegen ihrer avancierten Klänge schwer, sondern vor allem wegen der konsequenten Adagio-Lastigkeit. Wenn diese Erzählhaltung, die mit der Dramatik des Passionsereignisses weniger übereinstimmt denn mit der Wirkung – was einen durchaus spannenden Kompositionsansatz bedeutet – allerdings durch eine schleppendes, Rhythmik und Fluss kaum beachtendes Dirigat überhöht wird, bleiben Wünsche in der Ausführung offen.
Obwohl die Lukaspassion dem höchsten Ausdruck verpflichtet ist, fehlte genau dieses Element der Aufführung, weil der Komponist am Dirigentenpult mit den rein organisatorischen Aufgaben ausgelastet war. Das führte vor allem im bereitwillig engagierten Orchester zu vielen Differenzen der rhythmischen Präzision, und die melodische Ausgestaltung hätte facettenreicher umgesetzt werden können. In der Gesamtheit mochte sich aber dennoch diese vor allem in der Textauswahl und kompositorischen Umsetzung immer noch spannende Komposition als zeitloses Dokument mitteilen, insofern zollt man der Aufführung höchste Anerkennung.
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