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Sinnlichkeit und Mut

Ye-Eun Choi und Yu Kosuge auf Schloss Wackerbarth

Dass „Asiens Stars von morgen“ innerhalb der so bezeichneten Reihe bei den Dresdner Musikfestspielen gleich fünf Mal im Weingut Schloss Wackerbarth auftreten, macht Sinn, wenn man die historischen Gebäude und Weinberge im Kontrast zur modernen Manufakturhalle betrachtet, die für diese Reihe als – auch akustisch sehr angenehmer – Konzertsaal fungiert. Hier verbinden sich Tradition und Gegenwart und in der Musik des ersten Konzertes war das nicht anders.

So erschienen nahezu alle Werke nicht als verstaubte Exemplare ihres Genres, sondern als schöpferische Gegenwartsaussage ihrer jeweiligen Zeit. Zum Auftakt der Reihe hatte sich die – von Anne-Sophie Mutter früh entdeckte und geförderte – junge koreanische Geigerin Ye-Eun Choi ein großes Programm vorgenommen: Sonaten von Beethoven, Mendelssohn Bartholdy und Strauss, dazu ein Solowerk von Isang Yun.

Dies sprengte etwas den Rahmen eines Kammerkonzertes, und am Ende reichten Kraft und Konzentration nicht mehr ganz für die Sonate Es-Dur, Opus 18 von Richard Strauss. Nun ist dies ohnehin ein nicht ohne Stirnrunzeln zu rezipierendes Werk, dessen noch jugendlicher Schöpfer kraftvoll hinlangte und man sich fragt, ob die Sonate nicht doch einem bearbeitetes Particell einer opulenten sinfonischen Dichtung entspringt. Dieser Schlusspunkt des Konzertes, in dem die vom Komponisten ausgebreitete Unruhe eine gelassene Sicherheit der Interpreten erfordert, konnte nicht recht befriedigen, da Choi und ihre Partnerin am Klavier Yu Kosuge (die Japanerin genießt auch hohes Renommee als Solistin) den enormen Energiewellen des Stückes einen interpretatorischen Eifer hinzufügten, der das Stück nahezu zum Überlaufen brachte.

Zuvor hatten die beiden aber schon hohen Ansprüchen entsprechende Interpretationen gezeigt. Das begann mit der ausgereiften Darstellung von Beethovens Sonate c-Moll Opus 30/2, bei der Choi schlanken Ton und kluge Phrasierung zeigte und die Sonate auf Kontraste anlegte. Choi zeigte Mut für eine innig-schwebende Gestaltung des zweiten Satzes und packende Impulse in den Ecksätzen, niemals aber überspannte sie den Bogen der Interpretation, so dass man die Geschliffenheit der Komposition sorgsam nachvollziehen konnte. Yu Kosuge begleitete hier wie auch in der Mendelssohn-Sonate F-Dur souverän und mit komplett überzeugender, intensiver Gestaltung. Auch der romantische Ton Mendelssohns lag Choi, immer behielt sie dabei Form und Fluss im Blick.

Das überzeugendste Werk war jedoch ausgerechnet Isang Yuns fünfsätzige Solophantasie „Li-Na im Garten“, die keineswegs als ins Programm eingestreute Miniatur der Moderne wirkte, sondern als ein ausgewachsenes, virtuos gespicktes und doch eigenwillig kantables Solowerk erschien. Die Violinvirtuosin Ye-Eun Choi ist jung und zeigte in diesem Konzert bereits eine erstaunliche Reife – behält sie ihre erstaunliche Sinnlichkeit in der Formung der Töne und den gleichzeitigen Mut zum Eigenen, Außergewöhnlichen, werden wir noch viel von ihr hören.

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