Yuja Wang brilliert mit Prokofjew im 3. Sinfoniekonzert der Staatskapelle
Eine Absage einer großen Künstlerin ist traurig, aber zu respektieren. Im Rund der Semperoper kreisten vor dem 3. Sinfoniekonzert die Gespräche denn auch um die Bedauerung, dass man die Pianistin Martha Argerich zu ihrem zweiten Auftritt in der Semperoper nach 2009 nicht begrüßen konnte. Doch war das Publikum dennoch gespannt, denn die Staatskapelle hatte sich um würdigen Ersatz bemüht: die junge Chinesin Yuja Wang erklärte sich zum Einspringen und damit ihrem Dresden-Debüt bereit. Jüngst verlieh man der in den USA ausgebildete Künstlerin den ECHO-Klassik-Preis als beste Nachwuchskünstlerin. Mit dem Solistenwechsel war ein Programmwechsel unvermeidlich, doch die Entscheidung für das populäre 3. Klavierkonzertes C-Dur Opus 26 von Sergej Prokofjew gab dem Programm, das auch Werke von Debussy und Respighi vorsah (die ebenfalls gestrichene „Euryanthe“-Ouvertüre hätte trotz ihrer unbestreitbaren Qualität da wahrlich nur als Fremdkörper gewirkt), einen einheitlichen Anstrich unter dem Sujet von Tradition und Fortschritt im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts.
Für diese Werke stand mit Charles Dutoit ein ausgewiesener Spezialist als Gast am Pult der Sächsischen Staatskapelle. Schnell fanden Wang und Dutoit im Klavierkonzert zueinander, und ebenso rasch wurde man als Zuhörer aufmerksam auf ein großes Talent: die Chinesin überzeugte in allen drei Sätzen mit einer überlegten, kontrollierten Tempo-Gestaltung, legte Prokofjew zwar mit rhythmischer Emphase an, aber eben nicht mit unangebrachten Übertreibungen, die gerade in diesem Konzert hinter fast jedem motorischen Anrollen in den Ecksätzen als Gefahr lauern. Das Ergebnis dieses reifen, manchmal fast distanzierten Zugangs war eine natürliche, satte Kraft, die Wang ausbreiten konnte. Sie nahm sich Zeit für die Beruhigung im Mittelsatz, fand gemeinsam mit Dutoit viele Nuancen in den leisen Registern und legte das Finale mit ordentlichem Zugriff als Parforceritt hin bis zur letzten Note an. Offener Wunsch: die letzte Scheu darf sie noch ablegen – nach dieser überzeugenden Darbietung hofft man auf eine baldige Wiederkehr von Yuja Wang.
Im zweiten Teil des Konzertes standen dann zwei orchestrale Glanzstücke auf dem Programm. Zunächst ging es aufs Meer hinaus: Claude Debussys 1905 vollendete Orchesterskizzen „La Mer“ gelten als Meisterwerk instrumentalen Farbenspiels – im Konzertsaal ist das Stück längst ein Klassiker der Moderne. Dutoits Interpretation ging auf viele Details ein, formte sorgfältig die Binnendynamik in den Orchestergruppen aus und hatte mit ausgestelltem Lärmen wenig am Hut. Viel spannender war denn auch, was er aus der Cellogruppe oder den vielen Bläsereinwürfen herausholte; die gemeinsame Formung des Höhepunktes am Schluss war dann eine Selbstverständlichkeit.
Damit waren die Musiker schon optimal für das Finale des Konzertes vorbereitet. Auch die „Pinien von Rom“ von Ottorino Respighi erfreuen sich – nicht nur dank der vom Band eingespielten Nachtigall und einem zusätzlichen Bläserchor auf dem Balkon – einer großen Beliebtheit. Jedoch erfordern beide Stücke eine gute Gestaltung von Dynamik und Entwicklung. Dutoit hatte keinerlei Probleme mit dem lustvoll aufspielenden Orchester, das bei den „Pini del Gianicolo“ silbrig glänzte und am Ende den Marsch der „Pini della Via Appia“ wuchtig zur Apotheose steigerte.
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