Schreker, Schönberg, Webern und Mozart im 7. Zykluskonzert der Dresdner Philharmonie
Es muss eine ungemein spannende Zeit im Musikleben des beginnenden 20. Jahrhunderts gewesen sein – dessen können wir uns nicht nur anhand unzähliger Dokumente vergewissern, wir sind auch in der Lage, uns die Musik dieser Zeit ausschnittweise ins Bewusstsein zu holen und damit eine ebenso spannende aktuelle Auseinandersetzung zu führen. Für solch erhellende Konzertprogramme ist Lothar Zagrosek als Dirigent zu gewinnen ein Glücksfall, ist er doch aufgrund seiner Erfahrung sowohl in der zeitgenössischen Musik als auch in der Moderne des beginnenden 20. Jahrhunderts in der Lage, diese Verbindungen zu knüpfen.
Dennoch muss man bei einem Konzert dieser Art berücksichtigen, dass immer nur ein winziges Glanzlicht auf einen vielfarbigen, dynamischen Kosmos von Musik geworfen werden kann, in der ganze Philosophien und Strömungen der Zeit entstanden und wieder verworfen wurden. Im 7. Zykluskonzert der Dresdner Philharmonie kamen Franz Schreker, Anton Webern und Arnold Schönberg zu Gehör, mit Ausnahme von Weberns Orchesterstück handelte es sich um Ausschnitte aus größeren Werken, die der spätromantisch-nachwagnerischen Ästhetik verpflichtet waren. Ob die pure Ansetzung der Komponisten Schönberg und Webern in einem Atemzug für die lichten Reihen am Sonntagabend im Kulturpalast sorgte, wird nicht aufzuklären sein – es wäre aber ein tragisches Resultat angesichts der hochspannenden Musik.
Merkwürdig erscheint, dass Weberns Idylle „Im Sommerwind“ als ein vom Komponisten zurückgezogenes Werk heute dennoch den Weg in die Konzertsäle gefunden hat. In opulenter Besetzung startete das Orchester aber zunächst mit dem Vorspiel zur Oper „Die Gezeichneten“ von Franz Schreker, dessen zauberhafte Klangfarben unter Zagroseks Leitung gut ausgeformt wurden. Gegen dieses „Meer von Wohllaut“, so Schreker über seine Musik, kam der wohl aus Bewunderung für Gustav Mahler entstandene „Sommerwind“ von Webern schwerlich an. Die offenkundigen Schwächen dieses illustrativen Werkes wogen in der Nachbarschaft schwer, trotzdem setzte sich Zagrosek für viele Details des Werkes ein.
Anders wirkte Schönbergs „Lied von der Waldtaube“ aus den „Gurreliedern“ – hier war man mitten in der märchenhaft-dramatischen Geschichte von Jens Peter Jacobsen gelandet und bewunderte, wie die schwedische Mezzosopranistin Katarina Karnéus sich gegen das große, wogende Orchester durchsetzte und mit klarer Deklamation und erdigem Klangtimbre eine kostbare Stimmung schuf. Nach dieser Demonstration der „Neutöner“ und „Postwagnerianer“ gab es mit der Pause einen scharfen Schnitt.
Und doch war der Griff zu Wolfgang Amadeus Mozarts Salzburger Sinfonie G-Dur KV 199 sinnfällig, war doch hier auch ein junger „Neutöner“ mit genialen kleinen Handgriffen am Werk, das zeigte das harmonisch geschärfte Andantino in besonderer Weise. Zagrosek demonstrierte mit den äußerst differenziert aufspielenden Philharmonikern besten kammermusikalischen Geist und Frische – das Konzert klang so nach einem volltönenden Beginn leicht und elegant aus.
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