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Begegnung zweier Meisterwerke

Schumann und Brahms mit dem NDR-Sinfonieorchester unter Thomas Hengelbrock

Schön, dass die Dresdner Musikfestspiele alljährlich die Welt nach Dresden holen. Ohne sich allzuweit bewegen zu müssen, erlebt man in drei Wochen, was musikalisch in den Kulturmetropolen geschieht – im Jahreslauf geschieht dies allzu selten. Dabei war das Gastspiel des NDR-Sinfonieorchesters in der Semperoper mehr als eine schöne Geste, schließlich reiste man von der Elbe an die Elbe und Hamburg und Dresden pflegen ja seit 25 Jahren eine aktive Städtepartnerschaft.

Das Orchester konzertierte unter der Leitung seines neuen Chefdirigenten Thomas Hengelbrock, und dieser brachte gleich Hamburgs berühmtesten Sohn mit: Johannes Brahms traf im Konzert auf Robert Schumann, da brauchte es keinerlei Ouvertüre oder Solistendarbietung mehr. Diese Begegnung ist stets eng, intensiv und mit reichlichem Zugewinn zu genießen.

Die 3. Sinfonie Es-Dur, die „Rheinische Sinfonie“ des Wahl-Düsseldorfers Schumann, inszenierte Hengelbrock als ausgereiftes Meisterwerk voller Temperament und rauschhafter Ideenentfaltung. Innig, aber dennoch flüssig gerieten die Mittelsätze; der vierte Satz wurde nicht als Weltuntergang betrachtet, sondern demonstrierte mit schönen gedeckten Farben ein Innehalten vor dem sprühenden Finale. Hengelbrocks ungemein flexibles und aktives Dirigat zauberte einen exorbitanten Farbreichtum im Zusammenspiel, aber auch im Einzelton jeder Orchestergruppe hervor. Man ist sich der Aufführungspraxis bewusst – die Streicher zeigten wenig vibrato, aber eine beseelte Legato-Dichte, die Mischung der Bläserstimmen geriet auf die Situation zugeschnitten.

Zu einem weiteren Höhepunkt geriet nach der Pause die Aufführung der 1. Sinfonie c-Moll von Johannes Brahms. Hengelbrock verstand die Sinfonie als einen sinfonischen Befreiungsschlag voller Leidenschaft, die mit bemerkenswerter Agogik in allen Sätzen dargestellt wurde. Überraschend verteilte Hengelbrock die Kontrabässe auf beide Bühnenseiten und erreichte so eine tolle Raumwirkung. Kurz stockte der Atem, als der Dirigent im 4. Satz die suchenden Pizzicati der Streicher allein musizieren ließ. Gehör und Vertrauen sorgten hier aber genau für die passende Zielrichtung.

Mit Sorgfalt für kleine Details, ein wenig offenem Potenzial in wichtigen Pausen und Übergängen, aber auch mit dem Mut zu einem letzte Kräfte bündelnden Vorwärtsdrang im Tutti schuf Hengelbrock eine Interpretation, die das Werk vor dem Ohr neu entstehen ließ. Mit einer Zugabe von Dvořák, dem „slawischen Brahms“ bedankte sich das Ensemble für den starken Jubel des Dresdner Publikums.

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