Erstes Kammermusikkonzert beim Moritzburg Festival
Eröffnet wurde das diesjährige Moritzburg-Festival am Sonntag mit einem Orchesterkonzert in der Gläsernen Manufaktur. Doch die wahre Eröffnung ist das erste „richtige“ Kammermusikkonzert in der evangelischen Kirche Moritzburg, wenn nämlich die hinter und vor den Kulissen – wie tags zuvor schon vor Publikum geschehen – eifrig probenden Solisten das erste Mal gemeinsam konzertieren. Tradition ist auch das kurze Porträtkonzert als „Hors d’oeuvre“. Doch diese Solovorstellung wird von den Musikern sehr ernst genommen, ist es doch die Gelegenheit, das eigene Instrument losgelöst von der Kammermusik vorzustellen.
Glücklich darf sich das Publikum schätzen, dass die Pianistin Lise de la Salle nach ihrem Auftritt 2010 erneut in Moritzburg weilt – neben ihrem Auftritt im Galakonzert am 10. August gestaltete sie das erste Porträt. Man fragte sich allerdings, warum die Kirche nur locker gefüllt war – gilt doch die 24jährige Französin als großes, längst in aller Welt gefeiertes Talent ihrer Generation.
Für ihr kleines Recital in Moritzburg suchte sie sich die 4. Ballade von Frédéric Chopin und einige Préludes von Claude Debussy aus. Die Ballade formte sie als aussagestarke Erzählung mit intensivem, nachdenklichem Beginn; später kostete sie die aus dem Thema erwachsenen Kontraste gut aus. Temperamentvoll und gleichzeitig mit großer Sensibilität zeichnete sie die Préludes (darunter „Des Pas sur la Neige“ und „Feu d’Artifice“) in all ihrer schillernden Farbigkeit – davon hätte man gerne mehr gehört.
Doch es stand ein Kammermusikkonzert besonderer Güte an, zwei Streichquintette umrahmten das 3. Streichquintett (1987) von Sofia Gubaidulina – die russische Komponistin ist (neben Jörg Widmann und Olli Mustonen) eine von gleich drei zeitgenössischen Komponisten, die das Moritzburg Festival in diesem Jahr vorstellt. In Moritzburg muss man sich auch für aktuelle Musik nicht mehr entschuldigen – es ist ein selbstverständliches, ernsthaftes Anliegen. Die fulminante Interpretation der starken, nach einer immer mehr dramatischen Pizzicato-Passage in ein großes Adagio mündenden Gubaidulina-Quartettes von Baba Skride, Gergana Gergova, Ulrich Eichenauer und Jan Vogler spricht für sich, daran änderte auch eine zersprungene Saite des Bratschers nichts.
Zuvor musizierten Gergova, Skride und Eichenauer mit David Aaron Carpenter und Alban Gerhardt das Streichquintett Es-Dur KV 614 von Wolfgang Amadeus Mozart, ein gewitztes Spätwerk, das kaum einmal nachdenkliche Töne anschlägt und von rhythmisch prägnanter Motivik bestimmt ist, die sich unter Führung von Gergana Gergova (Violine) nahtlos auf das Ensemble übertrug. Ein fliegendes Notenblatt von Baiba Skride sorgte hier für den sympathischen Beweis des Live-Erlebnisses und Mozart dürfte die beiden dadurch entstandenen Fermaten aus dem Himmel sicher goutiert haben.
Im abschließenden Streichquintett Es-Dur von Antonín Dvořák gesellte sich nun Mira Wang als Primarius hinzu und dieses „amerikanische“ Werk des Tschechen wurde in all seiner unverfangenen Kantabilität – mit einem farbigen Variationensatz als Mittelpunkt – durchaus „saftig“ wiedergegeben und erhielt den stärksten Applaus des Publikums, das sich für diesen abwechslungsreichen Auftakt des Festivals dankbar zeigte.
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