Wagner mit der Dresdner Philharmonie, René Pape und Juanjo Mena
Das Beste hebt man sich für den Schluss auf. Diese goldene Regel einer Spannungsdramaturgie befolgte die Dresdner Philharmonie allerdings nicht immer in dieser Saison, denn es gab schon einige Konzerte, deren musikalische Qualität so gut war, dass man klar von einem Höhepunkt sprechen durfte. Einen letzten Gipfelsturm vor der Sommerpause unternahmen die Philharmoniker am Sonnabend im Albertinum. Star des Abends war der Bassist René Pape, dessen voller Terminkalender nur wenig Platz für Konzerte in seiner Heimatstadt Dresden erlaubt. Um so schöner, dass die Dresdner ihn nun im philharmonischen Konzert mit Szenen aus Wagner-Opern erleben konnten.
Zugleich würdigte das Orchester erneut das Komponistenjubiläum und man leuchtete in den Kosmos Wagner hinein, ohne dem Potpourri oder dem „Best Of“-Gedanken zu verfallen. Der Spanier Juanjo Mena, seit 2011 Chefdirigent des BBC Philharmonic Orchestra, hatte drei orchestrale Werke aus den Opern ausgesucht. Im Vorspiel zu „Tristan und Isolde“ überzeugte zwar seine Einleitung, dann verlor Mena aber im oft verlangsamten Tempo die Spannung, überhastete aber überraschend den Höhepunkt des Vorspiels. Dem folgte allerdings eine warmherzige Interpretation des „Liebestodes“, wo Mena zu einem guten Fluss der Musik fand. Die Philharmoniker, gerade zurückgekehrt von ihrer Japan-Tournee, durften zum Saisonabschluss in großer Besetzung antreten – sie überzeugten mit durchweg aufmerksamem und in den Gruppen schön ausbalanciertem Spiel.
Auftrumpfend positiv geriet das kurze „Lohengrin“-Vorspiel zum 3. Akt, aber des Orchesters Glanzstück in diesem Konzert war „Siegfrieds Rheinfahrt“ aus der „Götterdämmerung“. Hier lockte Mena jede Menge feinsinniger Klänge hervor und reihte die Motive wie an einer Perlenschnur aneinander – den Bläsern der Philharmonie blieb es vorbehalten, einen silbrig schimmernden Schluss auszugestalten. René Pape stellte zwei großen Szenen im Konzert vor, zunächst den Monolog des König Marke aus „Tristan und Isolde“. Wie Pape vom ersten bis zum letzten Takt diesen Charakter ausfüllte, erst mit Erschütterung, dann Verratsahnung, schließlich das „Warum?“ ohne Antwort auf den Lippen, das war ein großes Musikerlebnis. Auch beim „Abschied und Feuerzauber“ des Wotan aus der „Walküre“ zog Pape die Zuhörer in seinen Bann, formulierte die selbstbewusste Endgültigkeit der Trennung ebenso stark wie die Ahnung des Kommenden.
Jedes Wort ist bei ihm ausgekostet, seiner Stimme kann man sich im fiebrig-leisen piano ebenso wenig entziehen wie bei den großen Statements dieser Szene, die der Sänger voll auskostete. Die Philharmoniker folgten Pape „auf’s Wort“, gestalteten schöne Soli aus und schufen damit musikalisch die Atmosphäre eines großen Opernabends – eine Illusion, der man bei dieser qualitätvollen Darbietung gerne erliegt: die musikalischen Welten, die Pape und die Philharmoniker an diesem Abend eröffneten, benötigen nur auf den zweiten Blick Säle und Dekor.
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