„Lange Nacht der Kammermusik“ beim Moritzburg Festival
Die rund 50 Teilnehmer der Moritzburg Festival Akademie richten traditionsgemäß den Beginn des Festivals aus, sie haben dabei ein ordentliches Pensum zu bewältigen und proben für Orchesterkonzerte und Kammermusikauftritte. Die „Lange Nacht der Kammermusik“ ist einer dieser Programmpunkte und entwickelt sich langsam zum Kultkonzert. Vollbesetzt war die evangelische Kirche in Moritzburg am Mittwochabend, viele Zuhörer waren gespannt auf die jungen Talente aus aller Welt und einen Reigen kammermusikalischer Perlen. Man darf dabei nicht vergessen, dass die zwischen 18 und 28 Jahre alten Musiker sich gerade erst kennengelernt haben und auch die Stücke frisch auf’s Notenpult kamen.
Im Gespräch mit den Musikern nach dem Konzert betonte Festivalchef Jan Vogler dann auch, dass man Stücke, Fähigkeiten und Besetzungen sehr kurzfristig gut einschätzen und einteilen muss. Das Publikum konnte sich davon überzeugen, dass dies in diesem Jahr wiederum gelungen war. 11 Stücke von acht Komponisten von Mozart bis Rozsa standen auf dem Programm. Ein wenig bedauern konnte man in diesem Jahr, dass es insgesamt etwas streicherlastig zuging – die „Petite Symphonie“ für neun Bläser von Charles Gounod und die Fantasiestücke Opus 73 für Klarinette und Klavier von Robert Schumann waren die einzigen Werke, die in der Besetzung ein wenig Abwechslung boten.
Doch hier wie auch in den Streicherwerken durfte man sich durchweg an großer Kunst erfreuen. Fast alle Ensembles begnügten sich keineswegs damit, den Notenberg zu stemmen, sondern feilten noch in der Aufführung an intensiver Interpretation und stimmungsvollem Zusammenspiel. Das wurde gleich zu Beginn bei Haydns „Quintenquartett“ aus Opus 76 deutlich – einem Werk, das so gar nicht in die freundlichen Konventionen passen will. Interessant war hier der Umstand, dass das ganze Werk erklang, aber in der Mitte die beiden Geigenspieler ausgetauscht wurden. Das kleine Experiment zeigte frappierend, wie schnell sich ein Klang und das Atmen eines Ensembles verändern kann.
Ein Mozart-Quartett, eine Sonate von Rossini mit Kontrabass und ein langsamer Satz aus Dvořáks Streichquintett gefielen ebenso wie Mozarts Duo-Satz für Violine und Viola. Mit zwei Sätzen aus dem Klavierquintett Opus 57 von Dmitri Schostakowitsch hatten sich fünf junge Musiker eine große Aufgabe gestellt; das Werk, das den dreieinhalbstündigen Abend beschloss, zeigte dann doch die Grenze von dem auf, was man in einer Sommerakademie auf die Beine stellen kann. Vom Förderverein des Festivals gestiftet, wurde am Ende wie jedes Jahr ein Akademiepreis verliehen, den das Publikum bestimmte. Man weiß aus vergangenen Jahrgängen, dass ein Werk von Schostakowitsch in der Publikumsgunst schwerlich zu überholen ist. Doch Voglers zu Beginn gegebener augenzwinkernder Hinweis, man solle sich von der Werkwirkung nicht zu sehr leiten lassen, bewahrheitete sich. Denn die mit Abstand mitreißendste Interpretation des Abends gestalteten Michael Duffett (Südafrika) und Joshua Peters (USA) mit der Sonate für 2 Violinen Op. 15a von Miklós Rózsa, dafür gab es verdient den 1. Preis (Schostakowitsch und Gounod landeten auf den Plätzen), bevor donnernder Applaus für alle rund dreißig jungen Musiker den langen, aber spannenden Abend beendete.
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