„Die vier Jahreszeiten“, Mozart und Dvořák im Konzert der Europäischen Kammerphilharmonie
Hehre Ziele vernimmt man beim Studium der Website der „Europäischen Kammerphilharmonie Dresden“. Das erst 2012 gegründete Ensemble möchte sich einen Namen in der Stadt machen, aber der im Namen einbezogene Anspruch soll sich auch im Orchester widerspiegeln. Projektbezogen kommen so aus mehreren Ländern Europas Musiker zusammen und lassen in Dresden den verbindenden Gedanken der Musik lebendig werden.
Das zeigte sich auch in der Vergangenheit schon an der speziellen Auswahl von Orten und Programmen.
Diesmal fand das Konzert in der Martin-Luther-Kirche in der Neustadt statt und man staunte nicht schlecht, dass ein Großteil des Publikums der jüngeren Generation angehörte. Die Kammerphilharmonie schafft ein Jahr nach der Gründung, woran die großen Orchester schon seit langer Zeit arbeiten: junge „Fans“ für die klassische Musik zu finden. Dahinter stecken offenbar Visionen und ein kräftiges Engagement für die Sache – man sollte allerdings schauen, dass dabei die Musik selbst nicht in die zweite Reihe sortiert wird. Dass etwa nur ein Programmzettel ausgegeben wird, in dem man keinerlei Informationen über die gespielten Werke erhält, ist vor allem im Hinblick auf das für die klassische Musik neu gewonnene Publikum schade.
Das Konzert selbst war deutlich von der großen Motivation aller Mitwirkenden getragen, obwohl der Anspruch der Stücke für das Orchester nicht allzu hoch angesiedelt war. Es ist eben auch eine Kunst, aus Antonín Dvořáks bekannter Streicherserenade E-Dur ein kleines Schmuckstück zu machen. Das gelang trotz schwieriger Akustik und recht kleiner Besetzung recht gut – der Leiter der Kammerphilharmonie Pedro Andrade hätte da vermutlich auch mit weniger raumgreifender Gestik gute Ergebnisse erzielt. Vorsichtiger hätte man in den ersten Violinen im forte agieren können, die Kirchenakustik verwandelte die hohen Lagen in scharf klingendes Timbre.
Vor der Pause konnte man eine Aufführung von Antonio Vivaldis Konzertzyklus „Die vier Jahreszeiten“ erleben. Zwar ist das Stück – vor allem in seinen im Radio mannigfach gespielten Einzelteilen – jedermann bekannt, live hört man das gesamte Werk jedoch eher selten. Immerhin erreichen die insgesamt zwölf Sätze der vier Konzerte das zeitliche Ausmaß eines Brahms-Konzertes. Der erst 22jährige russische Geiger Yuri Revich konnte vor allem mit dem Angebot der Programmmusik viel anfangen. Mit barocker Aufführungspraxis hatten aber weder er noch das Orchester viel am Hut, was man durchaus akzeptieren mag – das süffige Legato etwa im 3. Satz des „Frühlings“ wirkte jedoch sehr unpassend. Die in vielen Sätzen zur Emphase genutzten Brüche in den Tempi mochten weder im Solopart noch im Orchester (Adagio im „Herbst“) überzeugen, ebensowenig die stark abgesetzten Satzschlüsse. Revich gefiel allerdings in den schnellen Sätzen mit souverän ausgestellter Technik und konnte sich auf ein konzentriert begleitendes Ensemble verlassen.
Am Beginn des Konzerts stand außerdem Mozarts „Adagio und Fuge“ für Streichorchester in c-Moll. Es ist ein spätes Werk nach Wiener Geschmack, aber „gewürzt“ durch reichhaltige Chromatik und Vorhalten in den Stimmen – von Andrade und der Kammerphilharmonie wurde dieses kaum bekannte, außergewöhnliche Stück mit gutem Sinn für die Details interpretiert.
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