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Opulentes Oster-Menü

Rachmaninow, Strauss und Tschaikowsky mit der Dresdner Philharmonie

Die Osterfeiertage sind nicht nur christliche Feiern, sie bedeuten für viele auch die Möglichkeit einmal Luft zu holen an einem langen Wochenende und Familie und Hobbys zu pflegen. Und natürlich geht man an solchen besonderen Tagen gerne ins Konzert. Gleich dreifach spielte die Dresdner Philharmonie an den Feiertagen ihr Osterprogramm im Schauspielhaus – für diese keinesfalls selbstverständliche Leistung sei dem Orchester einmal besonders gedankt.

Keinesfalls wurde „Schonkost“ angesetzt, das Ostermenü soll schließlich auch in den Ohren schmackhaft erscheinen. Der Appetizer war allerdings kaum der Rede wert – Sergej Rachmaninows „Vocalise“ Opus 34/14 kam zwar sanft tönend über die Bühne, aber mehr als ein „Ach wie schön“ kann man dem kurzen Stücklein kaum abringen. So war es vermutlich auch gemeint, und so erreichte es auch die Zuhörer.

Ganz anders liegt der Fall bei Richard Strauss „Vier letzten Liedern“. Ein tiefgehender, melancholischer Rückblick auf ein langes Künstlerleben entfaltet sich da, in warme und vertraute Töne gegossen. Seit der Uraufführung 1950 sind die Lieder zum Meisterstück großer Sopranistinnen wie Kirsten Flagstad, Elisabeth Schwarzkopf und Jessye Norman avanciert. Als Solistin konnten die Dresdner die Rostockerin Gun-Brit Barkmin erleben – vielleicht war es für manchen eine schöne Wiederbegegnung, denn Barkmin hat an der Dresdner Musikhochschule studiert. Über Freiberg und Berlin führte ihr Weg dann an die Bühnen der Welt, wo sie heute große Titelrollen (Salome, Jenufa, Lady Macbeth) ihres Fachs interpretiert.

Die Strauss-Lieder präsentierte sie bei dem Philharmonie-Debut erstmalig und überzeugte mit guter Diktion und einer strömenden, sicher geführten Stimme. In allen vier Liedern spürte sie mit Bedacht der Balance zwischen dem großen, zyklischen Bogen und der fast innigen, intimen Atmosphäre nach – in dieser schönen Farbpalette waren die Lieder keinesfalls auf Schmerz und Abschied reduziert. Schwieriger erschien die Einbettung in den Orchesterklang – hier und da fügten sich die Harmonien nicht ganz überzeugend ineinander und eine von Sanderling bevorzugte Schattierung und Dämpfung des Klanges führte manchmal zu einer zu fahlen Gesamtatmosphäre.

Ein musikalischer Weltenwechsel stand nach der Pause an: Peter Tschaikowskys 5. Sinfonie e-Moll verspricht saftigen spätromantischen Klang. Da war es zunächst überraschend, dass Michael Sanderling den ersten Satz derartig genau sezierte, dass man die Puzzleteile der Sinfonie einzeln präsentiert bekam. Folgt man dem Stück ebenso aufmerksam, wie dies die Philharmoniker in jeder einzelnen Phrase taten, so bleibt allerdings von der Leidenschaft und dem Schmelz, den dieses Stück vermutlich braucht, um von einigen Schwächen abzulenken, nicht mehr viel übrig.

So war auch im ersten Teil des vierten Satzes noch eine genaue Bestimmung von Haupt- und Nebenstimmen gegenwärtig, bemühte man sich um Schönklang (mit feinem Hornsolo!) und genaue dynamische Abstufung. Erst bei der finalen Apotheose gibt es kein Zurück mehr und hier spielten die Philharmoniker auch befreit auf, dafür gab es viele Bravo-Rufe vom Publikum.
(21.4.14)

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