Neues Dresdner Kammerorchester und Valery Oistrach musizierten in der Kreuzkirche
„Ich trage einen großen Namen“ ist eine Fernsehshow, in der seit über 30 Jahren Gäste eingeladen werden, die mit prominenten Zeitgenossen verwandt sind. Der große Name kann dem Familienspross eine Bürde auferlegen oder verhilft zu erneuter, manchmal zweifelhafter Prominenz. Die Konzertplakate mit dem markigen Titel „Oistrach in Dresden“ lassen jedenfalls die Assoziation des „großen Namens“ sofort entstehen und das sorgte vermutlich am Sonntagnachmittag für ein gut gefülltes Auditorium in der Kreuzkirche.
Zu Gast im Konzert mit dem „Neuen Kammerorchester Dresden“ war der Enkel des berühmten russischen Geigers David Oistrach, Valery Oistrach. Der ist in die Fussstapfen seines Großvaters getreten und hat natürlich auch mit Vater Igor zunächst eine exzellente Ausbildung an der Geige genießen dürfen. Heute wirkt Valery Oistrach als Professor am Konservatorium in Brüssel. Doch nicht nur Oistrach sorgte mit einer keinesfalls befriedigenden musikalischen Leistung für einige Irritationen.
Orchesterleiter Wolfgang Rögner kündigte in seiner Moderation zu Beginn das „Gründungskonzert“ des Ensembles an – welches allerdings bereits 2013 am selben Ort unter dem gleichem Titel stattfand. Offenbar hat das kleine Orchester, das aus Dresdner Musikern beider Orchester und Hochschulabsolventen besteht, sich noch einmal neu zusammenfinden müssen – nun präsentiert man sich als „Neues Dresdner Kammerorchester“ erneut dem Publikum. Im Profil des Ensembles hat sich dagegen nichts verändert: leichte, schmeichelhafte Klassik, von Rögner als „kurzweilig und heiter“ beschrieben, wird in einer kleinen Streichorchesterbesetzung zu Gehör gebracht. Ob das in der Kulturstadt Dresden mit ihren mannigfaltigen Angeboten ausreicht, sollte hinterfragt werden.
Die Interpretationen rechtfertigen ein solches Unterfangen kaum – vor allem die beiden konzertanten Werke mit Valery Oistrach litten unter dem leider mangelhaften Können des Solisten. Der Geiger hatte sowohl in Johann Sebastian Bachs Violinkonzert E-Dur als auch in Antonín Dvořáks Romanze Opus 11 mit argen Intonationsproblemen zu kämpfen. Eine persönliche Handschrift war ebensowenig erkennbar wie der Sinn für eine adäquate Aufführungspraxis der Musik – mit reichlich Vibrato wurde Bach musiziert, Dvořáks Melodien kamen zähflüssig und mit unentschiedenen Tempi über die Bühnenrampe. Selten besaß Oistrach die Kraft, um selbst in dieser kleinen Besetzung im Tutti herauszustrahlen; ernüchternd muss man das Fazit ziehen, dass am Ende wirklich nur der große Name in Erinnerung bleibt, große Kunst war das nicht. In den reinen Orchesterstücken von Wolfgang Amadeus Mozart und Edward Elgar konnte Dirigent Wolfgang Rögner zwar mit seinen Musikern eine gelassene, musikantische Haltung erzeugen, dennoch reichte die Atmosphäre selten über einen gewissen hausmusikalischen Anspruch hinaus und gaben auch die Stücke und die dünne Streichorchesterbesetzung – für die Elgars „Serenade“ dann doch zuwenig Schmelz ergibt – nicht genug her.
Mit reichlichem Applaus zeigte das Publikum trotzdem seine Zufriedenheit. Ob man aber weiterhin Musikdarbietungen benötigt, die in der Moderation von Rögner selbst als „angenehmer Hintergrund zur Entspannung“ klassifiziert wurden, sollte sich jeder Zuhörer selbst beantworten. Wenn der Anspruch der Interpreten an die Musik bereits nur mehr einen Nebenzweck benennt, entzieht man den Tönen die Aufmerksamkeit, die ihnen eigentlich zusteht.
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