Dresdner Philharmonie mit Alexander Toradze im Albertinum
In Kooperation mit den Dresdner Musikfestspielen veranstaltete die Dresdner Philharmonie ihr 14. Konzert im Albertinum und gestaltete ein spannendes sinfonisches Programm, das sich mit Werken aus dem ersten Drittel des 20. Jahrhunderts thematisch gut in das Motto der „Goldenen 20er“ einfügte. Chefdirigent Michael Sanderling begann mit der Tanz-Suite von Béla Bartók, 1923 zur 50. Jahresfeier der Entstehung der Stadt Budapest entstanden.
Die Nachbarschaft zum fast parallel komponierten Ballett „Der wunderbare Mandarin“ ist in der Musik spürbar – eine höchst farbige Instrumentation mit raschen Charakterwechseln und vor allem rhythmischer Komplexität fordert Aufmerksamkeit. Sanderling sorgte für eine feine Abstufung der Dynamik, sodass folkloristisches Material frei schwingen konnte. Schöne Soli von Trompete und Posaune ergänzten diese gute Interpretation.
Der russische Pianist Alexander Toradze – seit 30 Jahren in den Vereinigten Staaten lebend – ist kein Unbekannter in den philharmonischen Konzerten. Die Aufführung von Alexander Skrjabins „Promethée“ im Jahr 2008, bei der auch Skrjabins „Farbenklavier“ mit Projektionen realisiert wurde, ist noch gut im Gedächtnis. Nun hatte Toradze das 3. Klavierkonzert C-Dur von Sergej Prokofjew mitgebracht. Bereits den Kopfsatz versah er mit enormen Temperament und einem nur knackig zu nennenden Anschlag, der aber für dieses Konzert angebracht ist. Bei Toradzes rasant genommener Schlußwendung des 1. Satzes musste man fast die Luft anhalten – das Wechselspiel von Kraft, Geschwindigkeit und melodischem Innehalten lotete Toradze hervorragend aus.
Im mittleren Variationssatz geschah leider ein Malheur, was beinahe die tolle Aufführung zerstört hätte: Zweimal klingelte laut und deutlich im vorderen Publikumsbereich ein Handy, und natürlich genau in den leisesten Passagen. Die ärgerliche Unterbrechung fingen Toradze und die Philharmoniker mit professioneller Reaktion auf und setzten das Konzert beherzt fort. Natürlich war danach die Spannung eine andere, doch mit Prokofjews spritzigem Finalsatz konnten sich die Musiker geradezu „Luft machen“ – Erleichterung und ein tosender Applaus folgte.
Zu Ende ging das Konzert mit Kurt Weills kaum bekannter 2. Sinfonie, ein Stück, dessen Skizzen sich 1934 in Weills Koffer auf dem Weg ins Exil befanden. Dieses „Gegenteil einer Pastorale“, wie Weill die Sinfonie selbst nannte, ist von einer untergründigen Sorge und Bekümmerung bestimmt, die mehrfach den für Weill charakteristischen, lockeren Motiv-Tonfall in unheilvolle Spannung abdunkelt. Sanderling arbeitete diesen Charakter sehr intensiv heraus – eine Musik im Angesichts des Abgrunds tat sich da auf, die es wert ist, viel öfter gehört und gespielt zu werden.
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