Sonaten und Lieder erklangen im 2. Kapell-Kammerabend
Der Nachruhm des Komponisten Richard Strauss gründet sich vornehmlich auf seine Opern und Orchesterwerke – der Kammermusik hat sich Strauss über Jahrzehnte fast gar nicht gewidmet. Sieht man sich den Werkkatalog an, so dürften es pragmatische Gründe für die Vernachlässigung dieses Genres – mit Ausnahme des Liedschaffens – gewesen sein. Während Strauss in seiner Jugend Kammermusik vornehmlich für Familienmitglieder und Freunde komponierte und sich mit diesen Werken auch in Dresden einen Namen machte, gibt es erst wieder im Alterswerk einige wenige Stücke – doch selbst die „Metamorphosen“ für 23 Solostreicher bezeichnete er als „Handgelenksübung“.
Innerhalb der Richard-Strauss-Tage der Semperoper durfte dennoch ein Kammermusikabend nicht fehlen, denn viele dieser Werke wurden im Tonkünstlerverein der Staatskapelle uraufgeführt und werden bis heute gepflegt. Beim 2. Kammerabend der Staatskapelle konnte man auch weniger bahnbrechende Stücke erleben und quasi in die Wohnstube schauen, wo Strauss zwischen Abendessen und Skat vermutlich seine „Daphne-Etüde“ für des Enkels Violinstunde geschrieben hat – selbstverständlich wurden diese paar Notenzeilen ebenso mit Inbrunst vorgetragen wie das „Ständchen“ für Violine, Viola, Cello und Klavier, das, im familiären Rahmen aufgeführt, sicher Beifall für den 18jährigen Komponisten eintrug.
Von anderem Kaliber sind da schon seine Sonaten für Cello und Violine – ersteres ein deutlich Johannes Brahms verpflichtetes, auch zuweilen etwas brav und redselig daherkommendes Stück, dem Konzertmeister Norbert Anger gemeinsam mit Gunther Anger am Klavier aber gehörig Temperament einhauchte. Zudem, und das war eine Konstante an diesem Abend, konnte man im Gegensatz zu den oft opulenten Orchesterwerken hier den leisen Tönen nachlauschen, die Strauss ebenso intensiv auskomponierte: der zweite Satz der Cellosonate, der sich in nachdenklicher Manier kaum von der Stelle bewegt, gelang den beiden Interpreten meisterlich.
Solcherlei Zurückhaltung ist auch in der Violinsonate gefordert, die man von der Proportionierung her auch getrost als „Sonate für Klavier mit Violine“ bezeichnen könnte. Doch Musiker wie Matthias Wollong (Violine) und Paul Rivinius (Klavier) wissen mit einer solchen mit Läufen und Ornamenten „geschwärzten“ Partitur umzugehen: Rivinius bewahrte Wollong mit noblem Anschlag vor dem Untergang im vollgriffigen Klaviersatz, und mit schönem kantablen und stets souverän artikulierendem Spiel befreite Wollong die Sonate sofort von allem Unbill technischer Schwierigkeiten, der ihr nachgesagt wird.
Im Zentrum des Konzertes stand eine Auswahl des Strauss’schen Liedschaffens. Die Sopranistin Camilla Nylund war kurzfristig für die erkrankte Carolina Ullrich eingesprungen und brillierte mit einer schönen Zusammenstellung, quasi einem „Best of“ der Klavierlieder. Klug disponierte sie die Höhepunkte, ließ ihren warmen Sopran verströmen und fand in den leisesten Stimmungen etwa in „Befreit“ und „Morgen!“ auch kongenial mit ihrem Begleiter Jobst Schneiderat zusammen, der die Melodielinien auf den Tasten differenziert aushorchte. Nach dem zuversichtlichen Schluss der „Zueignung“ zeigten sich die Zuhörer begeistert – das hohe Niveau des gesamten Abends fand reichlichen Beifall.
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