Martin Grubinger, Christoph Eschenbach und die Bamberger Symphoniker in der Semperoper
Nein, sie sind nicht irgendein städtisches Orchester – die Bamberger Symphoniker, obwohl erst 1946 gegründet, haben seit Jahrzehnten einen hervorragenden Ruf und haben sich weit über Bayern hinaus einen Namen gemacht. Große Dirigentenpersönlichkeiten wie Joseph Keilberth und Horst Stein prägten das Ensemble, Jonathan Nott führte sie ins 21. Jahrhundert. Mit Christoph Eschenbach am Pult gastierten sie am Finalwochende zu den Musikfestspielen in der Semperoper. Der Dirigent wurde erst vor wenigen Tagen mit dem wichtigen Ernst von Siemens Musikpreis ausgezeichnet – die Würdigung seines Lebenswerks im Dienste der Musik.
Die Förderung junger Talente ist Eschenbach immer besonderes Anliegen, der prominente Solist, den er mitbrachte, ist allerdings längst in höhere Sphären aufgebrochen: Martin Grubinger ist weltweit einer der besten Schlagwerker und war erst im April zu Gast bei der Dresdner Philharmonie – seine hiesige Fangemeinde sorgte für ein vollbesetztes Auditorium in der Semperoper. Mit dem von ihm 2007 uraufgeführten Schlagzeugkonzert „Frozen in Time“ des israelischen Komponisten Avner Dorman brachte Grubinger dieses Mal ein Stück mit, das in gut einer halben Stunde Dauer einmal die ganze Welt durchforstete, historisch wie geographisch.
Dass dabei ein polystilistischer Flickenteppich zwischen indischer Tala, Swing, afrikanischen Rhythmen und europäischer klassischer Tradition entstand, war insofern verschmerzbar, da von Anfang bis Ende Auge und Ohren auf Grubingers Kunst fixiert waren, der zwischen leisestem Vibraphonklang, einem eigenen Klangkosmos aus Marimba und Glocken sowie entfesselten Trommelkaskaden beeindruckend agierte. Kongenial war die Partnerschaft zwischen Grubinger und Eschenbach, wobei letzterer trotz rasant wechselnden Charakteren immer genügend Atem für den Solisten bereithielt. Was in diesem Werk – zumindest bis Reihe Neun – komplett akustisch unterging, war der Orchesterpart. Viele Passagen der Ecksätze waren lediglich optisch wahrzunehmen, nur im zweiten Satz des formal recht biederen Stücks konnten die Musiker sich zu raffinierten Klangfarben im Dialog mit Grubinger entfalten.
Im zweiten Teil des Konzertes waren dann die Bamberger Symphoniker selbst der Solist: in Béla Bartóks „Konzert für Orchester“ konnten sie eine hervorragende Klangkultur entfalten und überzeugten vor allem mit homogener Umsetzung von Eschenbachs nuanciertem Dirigat. In den ersten vier Sätzen war eine prägnante, natürliche und zuweilen auch verspielte Vorstellung der vielen Motive und Klangfarben zu erleben – Bartóks lustvolles Spiel mit Rhythmen und Volksmelodien erschien hier liebevoll gewürdigt. Das Finale nahm Eschenbach dann ziemlich rasant, was aber mit stets spürbarem gegenseitigen Vertrauen zum Erfolg führte. Ein passendes Encore bildete Maurice Ravels bekanntes Poème choréographique „La Valse“ zum Abschluss, hier durften – mit von Eschenbach klug organisiertem Spannungsaufbau – vom Kontrafagott bis zum Piccolo alle Instrumente selig im Dreivierteltrubel glänzen.
(9.6.15)
Kommentaren