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Wimmelbilder und Lockpfeifen

Zeitgenössisches mit dem elole-Trio im Coselpalais

Nicht jeder von uns hat immer die Gelegenheit, diejenigen Musikfestivals in Europa zu besuchen, bei denen zeitgenössische Musik im Vordergrund steht. Im Medienzeitalter haben wir die Möglichkeit, die neuen Werke per Übertragung oder Stream mitzuerleben, doch eine Live-Aufführung ist ein anderes Erlebnis. Insofern kann man dem Dresdner elole-Klaviertrio dankbar sein, dass es nicht nur zum wiederholten Male bei den Tagen für Neue Musik in Ostrava aufgetreten ist, sondern die dort vorgestellten und zum Teil erstaufgeführten Werke nun auch in Dresden im Konzert gespielt hat. Das Konzert im Pianosalon im Coselpalais am Donnerstag war zwar nicht übermäßig gut besucht, dafür aber schätzten die Besucher die vom Trio ausgehende konzentrierte Spannung, die das ganze Konzert durchzog.

Vier Kompositionen aus Tschechien, Italien und Japan hatte elole ausgewählt, die – das konnte man am Ende nach dem Hörerlebnis aller Stücke feststellen – als gemeinsames Element das konsequente Durchführen einer Idee im Stück aufwiesen. Dennoch konnten die Kompositionen unterschiedlicher nicht sein: Petr Bakla, ein 1980 in Prag geborener Komponist, verbindet und verstrickt in seiner Musik Elemente, die zunächst nackt und unentwickelt erscheinen. Das Schlimme an der Musik ist das Tolle an der Musik: sie erreicht nie den Punkt, wo es von der scheinbaren Beliebigkeit in das „so und nicht anders“ wechselt. Bei dieser Gratwanderung befindet man sich im Hören in einem spannenden Grenzbereich, wobei die Abstraktion eine große Rolle spielt. Dass der Werktitel „Dog Variations“ auf die Kompositionsmethode des Erschnüffelns von Strukturen hinweist, erscheint dabei nur sympathisch. Schwer zugänglich war dann Makiko Nishikazes „trio – stella“: die Komponistin erkundet in piano-Räumlichkeiten immer neu entstehende Klänge, ohne dass ein Ziel erkennbar ist. Zeit verstreicht, Aufmerksamkeit schwindet und die überwiegend vibratolos gestrichenen Töne wirken seltsam kernlos, nahezu musikalisch unterernährt. Es ist fraglich, ob diesem etwas saftlosen Stück eine Interpretation noch mehr Leben einhauchen könnte, als sich elole darum schon merklich bemühte.

Ganz anders gab sich Salvatore Sciarrinos Trio aus dem Jahr 1975: ein hochvirtuosen Wimmelbild, in dem Töne wie Schlingpflanzen wucherten und ein sinnliches, vom Rhythmus getriebenes Klangbild entstand. Hier begeisterte das elole-Trio schon mit Sinn für eine überaus plastische Wiedergabe, und dies setzte sich mit Theatralik im letzten Werk des Abends fort: dass zeitgenössische Musik mit feinem Humor und einem unkonventionellen Zugang ebenfalls Spaß machen kann, zeigte Petr Ciglers „Jagdtrio“, das kürzlich in Ostrava uraufgeführt wurde. Erfrischend anders ist schon der grundsätzliche Zugang zur Musik des Komponisten, der als weitere Berufe übrigens Hornist, Chemiker und Molekül-Designer angibt – Neugier und Wissenschaft verbinden sich hier auf überraschende Weise. Die wilden Klaviertrio-Szenen mit Lockpfeifen waren dann auch weit von einer puren Albernheit entfernt, denn die durchaus ernste Interpretation von elole wies auf das Ritual hin, auf Abmachungen und festgelegte Abläufe, denen man nur mit Enten- oder Bauernschläue entkommen kann – eine Art moderne „Pet(e)r und der Wolf“-Szenerie entstand, die, das sei dem Trio als Idee einer Besucherin gerne mitgegeben, auch in einem Kinderkonzert begeisterte Ohren fände.

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