Liszt-Konzertabend mit der Dresdner Philharmonie
Wenn man einen ganzen Konzertabend einem einzigen Komponisten widmet, so erhält man im günstigsten Fall tiefere Einblicke in das Werk – allerdings auch vergleichslose, denn die Einordnung in die Musikgeschichte muss man sich hinzudenken. Drei Werke aus Franz Liszts produktiven ersten Weimarer Jahren standen am Wochenende auf dem Programm der Dresdner Philharmonie im Schauspielhaus. Zweifelsfrei hört man diesen Werken an, dass der Rastlosigkeit der Jugendjahre eine Art gemessenere Haltung in der Konzentration auf die Thematik folgte, doch erscheinen gerade die Orchesterwerke von Liszt heute eher speziell.
Wenige etwa seiner sinfonischen Dichtungen haben die Zeiten überlebt, „Orpheus“ aus dem Jahr 1854 gehört noch zu den am besten gelungensten Exemplaren – bei der Instrumentation einiger dieser Werke ließ sich Liszt von Joachim Raff helfen. Die reizvoll-artifizielle Stimmung zu Beginn veredelten die Philharmoniker mit Horn- und Harfenklang. Am Pult stand die Australierin Simone Young, die schon einige Male in Dresden gastierte und gerade an der Staatsoper Hindemiths „Mathis der Maler“ zur Premiere brachte. Sie sorgte in „Orpheus“ für eine ruhige, klangschöne Herangehensweise, und kleinere Soli wie etwa das von Konzertmeister Wolfgang Hentrich waren fein in den Gesamtklang eingebettet.
Das folgende Werk bezieht das Klavier ein, und wenngleich die Originalnoten Franz Schubert gehören, wusste Liszt doch die Kunst der Bearbeitung erfolgreich zu nutzen – mit Dutzenden von damals sehr beliebten Transkriptionen sicherte sich Liszt nicht nur finanzielles Auskommen, sondern sorgte auch für die Verbreitung von Schuberts Werk. Dessen C-Dur-Fantasie, später als Wanderer-Fantasie bekannt geworden, erreicht im Schwierigkeitsgrad ohnehin mühelos Lisztsche Sphären – der Kanadier Louis Lortie nahm diese ziemlich gelassen, manchmal gar etwas zu routiniert. Denn die bloße Ausstellung der Perfektion reicht für dieses Werk kaum, und ein Gefühl für Atem und tiefere Ausgestaltung war eben genau das Sahnehäubchen, was dieser an technisch völlig souveränen Interpretation fehlte.
Bleibt die „Dante-Sinfonie“, die nach der Pause angestimmt wurde. Hier haben die Philharmoniker mit Simone Young zwar ein starkes Plädoyer für Liszt angestimmt, doch dem vor Äußerlichkeiten und unbeholfenem Tonsatz nur so strotzendem Werk half dies wenig. Faszinierend, wie gut die vielen offen liegenden Einsätze und einstimmigen Passagen gelangen, und wie auch Simone Young mit leidenschaftlichem Einsatz immer wieder zu wunderbar ausmusizierten Passagen unterstützte. Und betrüblich, wie man von sich als Zuhörer dann doch von einem verminderten Akkord zum nächsten hangelt – der von der Empore schallende „Magnificat“-Chor der Damen des Philharmonischen Chores (Einstudierung Gunter Berger) konnte, obwohl mit Kameraunterstützung von der Bühne gut abgenommen und ordentlich gesungen, am Ende kaum Läuterung bringen. Wenn die Hölle wirklich nur aus Tritoni, Tremoli, Motivwiederholungen und von Generalpausen zerhackten Episoden besteht, sollten wir uns für den Himmel anstrengen.
Kommentaren