Sommerkonzert von „medicanti“ in der Kreuzkirche
Seit 30 Jahren verzaubert ein seit längerer Zeit schon in großer sinfonischer Besetzung antretendes Laienorchester die Zuhörer in der Stadt – und die Fangemeinde ist so gewachsen, dass die halbjährlichen Sinfoniekonzerte mühelos das Kirchenschiff in der Kreuzkirche füllen. So auch am vergangenen Sonntag, als „medicanti“, das Orchester an der medizinischen Fakultät der TU Dresden dort ihr Sommerkonzert gaben, und das war auch programmatisch sehr sommerlich gestaltet und bildete so einen Kontrapunkt zu dem vor der Kirchentür eher nass-unfreundlichen Wochenendabschluss.
Mit Ouvertüren und Konzertstücken von Verdi, Puccini, Tschaikowsky und Rossini wies das Programm – mit russischem Gastspiel, aber kaum weniger mediterran anmutend – eindeutig nach Italien. So ein Strauß bunter Melodien darf indes nicht unterschätzt werden – in den Ouvertüren muss schnell zwischen den Charakteren gewechselt werden, damit die jeweilige Oper im Schnelldurchlauf plastisch vor den Ohren entsteht. Manches Solo ist dabei technisch so anspruchsvoll, dass es auch gerne einmal im Probespiel verlangt wird.
Kein Problem jedoch für die „medicanti“: Dirigent Wolfgang Behrend hatte die Musiker sehr gut auf die Herausforderungen vorbereitet, so dass Giuseppe Verdis Ouvertüre zur Oper „Die Macht des Schicksals“ nach den drei Bläsersignalen sofort ihre dramatisch-vorahnende Stimmung erhielt. Zu einem Pasticcio fügte Behrend vier Stücke von Giacomo Puccini zusammen, davon zwei Intermezzi aus den Opern „Manon Lescaut“ und „Suor Angelica“, letzteres war in der gemeinsam eingefangenen melancholischen Stimmung ein Höhepunkt des Konzerts, ersteres hätte noch einen Tic mehr Dramatik vertragen.
Selten zu hören sind die Puccinis reine Orchesterwerke „Preludio Sinfonico“ und „Capriccio Sinfonico“, die aber in dieser Zusammenstellung gut wirkten, das letztere war auch durchaus umfangreicher in den Aufgaben – ein später in „La Bohéme“ verwendetes Fragment blitzte auffällig heraus. Sehr überzeugend war aber hier, wie harmonisch und aufmerksam alle Orchestergruppen die Stücke angingen: Behrends klare Fingerzeige vom Dirigentenpult waren eindeutig und die medicanti begnügten sich keineswegs mit der puren Bewältigung der Partituren, sondern drangen tief in die Gestaltung ein – es war eine Freude, dieser südländischen Lebendigkeit zu folgen.
Merkwürdigerweise war diese ausgerechnet bei Peter Tschaikowskys Rom-Studie „Capriccio Italien“ kurzzeitig verflogen, denn hier waren die Phrasierungen plötzlich steif, das Stück wollte bei aller Ordentlichkeit des Musizierens nicht in Fluß geraten. Trotzdem fanden die Ohrwürmer dieses Werkes ihre begeisterten Fans und das Konzert klang mit der wunderbar empfunden und dann auch wieder spritzig dargebotenen „Wilhelm Tell“-Ouvertüre von Gioachino Rossini passend aus, wobei hier die Cellogruppe (Solo Tim Wagner) und die Soloflöte (Barbara Flach) besonders brillierten.
Unbedingt vormerken sollte man sich das nächste Konzert der medicanti am 29. Januar 2017 – mit Anton Bruckners 9. Sinfonie und der „Unvollendeten“ von Franz Schubert hat man sich Großes vorgenommen.
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