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Ohne Tiefgang

Gustav Mahlers 2. Sinfonie im Eröffnungskonzert des MDR Musiksommers

Grundsätzlich ist es erfreulich, dass der MDR Musiksommer sich entschieden hat, das Eröffnungskonzert des 25. Festivaljahrgangs in der sächsischen Hauptstadt zu veranstalten. Denn bei insgesamt 47 Konzerten, die bis zum 28. August an 40 Spielstätten in Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt stattfinden werden, hätte man die freie Wahl gehabt. Doch Gustav Mahlers groß besetzte und abendfüllende 2. Sinfonie c-Moll, die so genannte „Auferstehungssinfonie“, passt eben nicht in jede Umgebung. Leider aber auch nicht in die Dresdner Kreuzkirche, die immer wieder für Kolossalsinfonik herhalten muss mit dem Ergebnis, dass man am Ende oft ein recht zwiespältiges, zuweilen unfertiges und mit den Umständen eher nicht entschuldbares Konzerterlebnis mit nach Hause nimmt.

Wer sich auf die Kreuzkirche einläßt, muss damit umgehen können, und vermutlich dürften die Radiohörer der Live-Übertragung beim MDR noch am ehesten zufrieden gewesen sein. Im Kirchenraum selbst war die Interpretation des MDR-Sinfonieorchesters unter Leitung seines estnischen Chefdirigenten Kristjan Järvi vielen Belangen kaum zufriedenstellend und das betraf sowohl akustische Mängel, die eine besondere Fürsorge benötigt hätten als auch interpretatorische, denn man hatte einige Schwierigkeiten, sich auf Järvis zumeist recht glatten Mahler-Stil einzustellen.

Dabei fing die Sinfonie vielversprechend an – Järvi musizierte den dramatisch herausfahrenden Beginn langsam, verlor aber nie den Fluß des Tempos. Genau dies schlug dann im Laufe des Satzes aber ins Gegenteil um: die beiden Höhepunkte wurden ohne Atmung fast überfahren, viel zu selbstverständlich wurde die Architektur des Satzes schlicht hingestellt – man hastete durch eine Art Museum mit längst bekannten Bilder. Nur hier und da blitzten Farben auf, wenn das Orchester beim unablässigen, dabei aber vieles auf der Strecke liegenlassenden Voranschreiten von Järvi die Gelegenheit bekam, doch einmal ein Solo auszumusizieren.

So war es schade um das kaum emotional berührende Austropfen im Decrescendo am Ende des 1. Satzes, ebenso um mehrfach von Järvi abgedämpfte Streicherpassagen, wo ausgerechnet die 1. Violinen in diesem Raum hätten viel mehr ausspielen müssen. Solche Momente häuften sich: im Ländler tanzte Järvi am Dirigentenpult und schien sich sichtlich über die nun unbeschwert ausgelassene Musik zu freuen, übersah aber, dass die ersten beiden Durchläufe des Hauptmotivs im Orchester kaum zusammen waren. Eine überzeichnete Lieblichkeit überwog hier mehr als im folgenden Wunderhorn-Satz, der wiederum zu wenig Ruhe verströmte, um die Bildkraft der Musik kontrastreich zu entfalten: die „Fischpredigt“-Motivik geriet in den behende schwingenden Ganzen zu einer schwankenden Anglerpartie.

Das „Urlicht“ gestaltete Angelika Kirchschlager (Mezzosopran) zwar intensiv aus, mehrfach intonatorisch knapp verfehlte Töne allerdings trübten das Bild wieder. Im Finalsatz trafen sich Orchester und Dirigent dann doch in einer Spannungseinigkeit, die Besonderes ermöglichte und vor allem die schnelleren Passagen und Steigerungen gelangen hier hervorragend, weil sie endlich zwingend gerieten. Da war es dann nicht mehr störend, dass die erste Passage des Fernorchesters eher italienische Piazza-Atmosphäre verströmte.

Die Sopranistin Miah Persson hätte sich mit ihrer wunderbaren Stimme stärker einbringen können, übte sich aber derart in Zurückhaltung, dass ihr Strahlen nicht mehr über das Orchester drang. Als der MDR-Rundfunkchor (Einstudierung: Risto Joost) dann mit Klopstocks letzten Zeilen der „Auferstehung“ einsetzte, war die Welt wieder in Ordnung. Wie Balsam legte sich der Chorklang in den Raum, aus völliger Ruhe angegangen und mit markiger Größe am Ende gestalteten die Sänger den Ausklang der Sinfonie – einen solchen Tiefgang hatte man in den Sätzen zuvor sehr vermisst, trotz einer auch bei der an diesem Tag herrschenden Hitze im engen Altarbühnenraum absolut nur hoch zu respektierenden Leistung des Orchesters.

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