Wagner, Strauss und Beethoven mit dem Dresdner Musikfestspielorchester – und Modernes von der Orgel
Die Dresdner Musikfestspiele biegen in die Zielgerade ein: Nachdem das Dresdner Festspielorchester schon Ende April vorfristig Luft im neuen Kulturpalast schnupperte, stellte es sich am Sonnabend in der Frauenkirche mit einem neu erarbeiteten klassisch-romantischen Programm vor, bevor nach einem Gastspiel in Berlin dann die „Leonore“ von Ludwig van Beethoven für das Abschlusskonzert am 18. Juni vorbereitet wird. Vor dem Orchesterkonzert mit der mit Spannung erwarteten Solistin Waltraud Meier boten die Musikfestspiele ein kleines Orgelkonzert an, bei dem sich der letztjährige Stipendiat der Stiftung Kunst und Musik für Dresden Maximilian Schnaus mit einem eigenen Werk vorstellte.
Schade, dass so ein kreativer Kopf mit einem kurzen Vorkonzert im Festival vorliebnehmen muss und es auch nur einen kargen Handzettel zu Komponist und Werk gab. Schön allerdings, dass sich viele vorbeiflanierende Touristen zu einem Besuch des kostenlosen Konzertes entschlossen und so zum Frauenkirchen-Staunen auch das Staunen über ein neues Orgelstück hinzukam. Schnaus spielte sein 2013 in Lübeck uraufgeführtes und preisgekröntes Werk „Come sweetest death“ selbst an der Kern-Orgel und konnte die Bearbeitung des Bach-Chorals durch den Amerikaner Virgil Fox eindrücklich in eine Atmosphäre des Nachsinnens, Nachklingens und Verweilens in einem Klangmeer fassen, das er immer wieder neu aufbaute – am Ende wirkte die nach den vielen mit Effekten und Überblendungen hürdenreich erklommene Choralmusik wie ein warmes Bad.
Nach kurzer Pause ging es dann mit dem Festspielorchester unter Leitung von Ivor Bolton und Richard Wagners „Rienzi“-Ouvertüre als Starter weiter. 1842 war die Uraufführung der Oper der Anlass für Wagners Umzug nach Dresden, für die Frauenkirche bestimmt war ja auch sein Oratorium „Das Liebesmahl der Apostel“. Mit Bolton und dem international besetzten Orchester konnte man sich im Originalklang baden, soweit diese Annäherung überhaupt möglich ist. Gerade „Rienzi“ mit seinen Serpenten, Naturhörnern und der Ophicleide in den Blechbläsern ist jedoch ein Musterbeispiel der gerade durch Wagner intensiv betriebenen Weiterentwicklung des Orchesters – die solchermaßen auch neu zu erlebenden, farblichen Wechselspiele waren das Spannende dieser Aufführung. Das galt – bedingt – auch für Richard Strauss „Vier letzte Lieder“, wenngleich man den „Originalklang 1948“ nicht als das Maß der Dinge für dieses Werk ansetzen muss. Hier ist Ausdruck oberstes Gebot und hat man diesen einmaligen Strauss-Ton von Verklärung und Abschied einmal getroffen, so stellt sich eine wunderbare Tiefe ein. Wenn dann noch mit Waltraud Meier eine Weltklasse-Solistin vor dem Orchester steht und so wunderbar leicht zwischen Bernstein, Kupfer und Silber in der Stimmklanggebung zu wechseln vermag, dann jagt einem unweigerlich die Gänsehaut über den Körper. Und noch mehr: Meier und Bolton legten eine Interpretation vor, die das innewohnende Pathos streichelte, nicht überhöhte. Dafür gabe es allerdings ein fast zu geschwinde vollbrachtes „Abendrot“ am Ende und leider auch zu agile, präsente Violinen, die die Sängerin ein ums andere Mal zudeckten.
Mit Ludwig van Beethovens 3. Sinfonie Es-Dur, der berühmten „Eroica“, begab sich das Festspielorchester zum Konzertausklang zurück in Gefilde der Wiener Klassik – und natürlich zu einem Ausnahmewerk, denn Beethovens Heroik will auch erst einmal gegriffen und begriffen werden, viele Deutungen und Haltungen sind da möglich. Das Festspielorchester und Ivor Bolton gestalteten die Aufführung übergehend aus dem vertrauenden Moment heraus, was auch weitestgehend funktionierte, aber ein Konzept für die Sätze, für das Gesamtwerk war im Ergebnis nicht erkennbar. Ein gutes Tempo fand Bolton etwa für den großen ersten Satz, doch Schönspielen und ein fast rockiges Markieren der Akzente und Dissonanzen reicht alleine nicht für diese Sinfonie, wenn dann auch noch Defizite wie etwa das beständige Danebenspielen des Paukisten im 2. Satz und ein verunglücktes Ende des 3. Satzes hinzukommen. Beethoven ausschließlich über Theatralik und spannungsvollem Drama derart zu inszenieren, führte trotz allem hervorragenden Können, was im Ensemble spürbar war und auch weidlich demonstriert wurde, vermutlich wieder mehr aus der Musik heraus, als einem lieb sein konnte – das galt vor allem für den 4. Satz, der nach der etwas irrenden Berg- und Talfahrt durch die napoleonischen Ausdruckswelten am Ende von Bolton nicht mehr in seiner Eigenwirkung gepackt werden konnte.
Fotos (c) Oliver Killig
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