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Vier Stunden Vehemenz und Inspiration

„Die Walküre“ mit Fabio Luisi in der Semperoper

Drei Mal geht in diesem Jahr der komplette „Ring des Nibelungen“ von Richard Wagner unter Leitung des designierten Generalmusikdirektors Fabio Luisi über die Bühne der Semperoper. Der erste „Ring“ eines Dirigenten ist natürlich immer etwas Besonderes. Das ohnehin breite Repertoire von Luisi innerhalb der Spätromantik ließ auf eine spannende Deutung hoffen. Der zweite Abend des Zyklus geriet unter seiner Leitung zu einem Wagner-Fest, denn Luisi schaffte das Unmögliche: er betreute Sänger und Orchester mit nie versiegender Inspiration über vier Stunden und konnte selbst im 3. Akt Längen der Komposition mit immer wieder ausgestalteten Details in der musikalischen Linie wettmachen. Faszinierend war zu beobachten, wie Luisis charismatische Darstellung sich auf Graben und Bühne übertrug. Schon im Vorspiel zum ersten Akt war die Marschrichtung klar: Luisi hält sich nicht mit Emphase oder Klangverliebtheit auf, sondern betont vor allem die der Musik innewohnende Dramatik. Interessant war, dass nicht der mühelos dynamisch auftrumpfende Walkürenritt Dreh- und Angelpunkt des Werkes war, sondern Luisi gerade stillen Nahtstellen Vehemenz verlieh. Die Steigerungen des Werkes baut der Dirigent mit unbändiger Kraft auf – es war ein Wagner-Klang, den ich in solcher Konsequenz bei bisherigen Vorstellungen des Rings noch nicht gehört habe. Große Aufmerksamkeit widmete Luisi den motivischen Emotionen von Weltzweifel, Überwindung, Liebe und Strafe, dies fand im Spiel der Kapelle deutliche Strukturierung. Verständlich, dass bei einer solchen Pultleistung auch die Sänger dieser „Walküre“ über sich hinaus wuchsen, allen voran Evelyn Herlitzius (Brünnhilde) und Michaela Schuster (Sieglinde). Wie leicht und strahlend Wagners mörderische Partien klingen können, war hier eine reine Freude. Auch Stig Andersen (Siegmund), Mihoko Fujimura (Fricka) und Hans-Peter König (Hunding) überzeugten durchweg, wogegen ich mit Jukka Rasilainens Wotan arge Probleme hatte, seine rezitativischen Passagen sind stets zerhackt und kurzatmig, dagegen singt er wunderbar, wenn es um den großen Bogen geht. Für Fabio Luisi war dieser zweite Abend bereits die „halbe Miete“ des „Rings“, man darf jetzt schon resümieren, dass man sich in Dresden auf viele temperamentvolle und klangstarke Opernabende unter seiner Leitung freuen darf.

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Veröffentlicht in Rezensionen

2 Kommentare

  1. Danke für diese Darstellung. Ich bin ja ab und zu in Leipzig, da werde ich es bis Dresden auch schaffen, wenn es einen günstigen Zeitplan gibt.

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