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Elfmal lebendige Gegenwart

„Ensemble Aleph“ im zweiten Konzert des 4. Internationalen Forums für junge Komponisten

Zwei Wochen lang probierte das französische „Ensemble Aleph“ in Hellerau mit insgesamt elf Komponisten, deren Stücke nun in zwei Konzerten im Kulturrathaus zum ersten Mal erklangen. Das allein ist schon als große Leistung zu bewerten, denn bei jedem neuen Notenstapel auf dem Pult ist eine neue Welt zu entdecken, sind neue Klänge zu erzeugen, zählen andere Herangehensweisen an die Musik und deren Umsetzung. Elfmal lebendige Gegenwart also, die im Konzertergebnis noch mit einigen weiteren Werken ergänzt wurde. Auch im zweiten Konzert am Sonntag begann das Konzert mit Ensemble und Duowerken jenseits des „4. Internationalen Forums für Junge Komponisten“, wieder war es eine Mischung von „klassischen“ Werken Neuer Musik (in diesem Fall Erwin Schulhoffs „Duo“ für Violine und Cello) und äußerst verschiedenen Werken neuerer Provenienz. Iannis Xenakis‘ „Charisma“ blieb aufgrund der schroffen Klangstruktur ebenso im Gedächtnis wie Klaus Kühnls plastische Wunderhorn-Welt in „Hommage à Schubert“ und Helena Tulves fein gesponnenem „In a nakht fun yeridah“. Nach der Pause dann die sechs „Newcomer“ auf dem Komponistenparkett, von denen einige bereits große „Schulen“, Kurse und Wettbewerbe durchlaufen hatten, was (leider?) auch in den Stücken hörbar wurde und nicht eben zu eigenem Charakter beitrug. So war Vassos Nicolaous (Zypern) „Réflexions 2“ ein nicht eben faszinierendes Werk konstruktivistischer Natur. Die Eindimensionalität der Ästhetik zeigte sich hier auch oft in den Einführungen der Komponisten, die ständig davon sprachen, welche Ebenen und Elemente, welches Material und welche Metaphorik gleich zu hören sei. Doch Spannung entsteht in der neuen Musik am besten in der nonverbalen Ebene, im Nachspüren der Klänge und Formen durch das Ohr. Für viele Ideen waren die sieben Minuten Werkdauer glatt zu wenig: Abel Paùls (Spanien) „weiße Flecken“ in der Partitur hätten gerne mehr Zeit benötigt, Jasna Velickovics (Serbien) Auseinandersetzung mit Tschaikowskys Ballett „Dornröschen“ wirkte in der gedrängten Fülle ebenfalls zu komplex, als dass die Spannung wirklich getragen hätte. Sie war aber wiederum die einzige, die sich auf den gefährlichen Boden mit „bekannten Klängen“ begab und meisterte diese Aufgabe, ohne platt zu wirken. Stilsicher und konsequent im Formaufbau stellte sich das als Miniatur-Trompetenkonzert konzipierte „Limites II“ von Eduardo Moguillansky (Argentinien) dar, bevor ähnlich wie im letzten Konzert ein stark an „Les Noces“ von Strawinsky erinnerndes, der provokanten Lautheit geschuldetes Werk „Con Furore“ von Filippe Perocco (Italien) das Konzert beschloss. 19 Kompositionen bildeten in den zwei Konzerten ein wundersames Kaleidoskop zeitgenössischer Musik, Sensationen waren nicht zu erwarten, doch die Faszination lag mehr in der einzelnen Linie, möglicherweise in einem einzelnen getupften Klang und in der hervorragenden Interpretation durch das „Ensemble Aleph“.

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