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Mozart, Ungarn und die Niederlausitz

Spannungen 7 der „Sinfonietta Dresden“ in der Dreikönigskirche

Als man am Samstag beim siebte Konzert der Reihe „Spannungen“ angesichts der fast bis auf den letzten Platz gefüllten Dreikönigskirche die sorgenvollen Worte des Dirigenten Milko Kersten vernahm, konnte man es eigentlich nicht recht glauben: diese Konzertreihe soll in Gefahr sein? Sie ist es, denn die Förderung durch Kulturstiftung und Stadt alleine reicht für ein solch aufwändiges Projekt nicht aus, die Förderungssituation durch Sponsoren aus der Wirtschaft sei aber in Dresden anhaltend schwierig, so Olaf Georgi, Leiter der Sinfonietta Dresden. Die Durchführung dieses siebten Konzertes war vor allem durch das Bekenntnis der Musiker zur Fortführung der Reihe gesichert, doch da sich auf Enthusiasmus allein schwerlich ein Orchesterkonzert stemmen läßt, sei hier der Aufruf zur Unterstützung gerne wiederholt – wenn ein Dresdner Ensemble nicht nur die zeitgenössische Musik in Sachsen und Osteuropa dermaßen fördert, sondern in jedem Konzert auch noch zwei jungen Pianisten ein Podium für eine Mozartinterpretation bietet, sollte dies Anlass genug sein. Zu hoffen ist, dass Kersten im nächsten Konzert im Frühjahr die positive Nachricht vermelden kann, dass die verbleibenden vier Konzerte finanziell abgesichert sind. Es wäre tragisch für das Engagement der Musiker, wenn eine so wunderbare Konzertidee auf halber Strecke abgebrochen werden müßte. Gesichert ist auf jeden Fall die Treue eines Publikums, dass nicht nur das Erlebnis verbuchen kann, alle Klavierkonzerte Mozarts im Konzert gehört zu haben – das Hörabenteuer ist verbunden mit Uraufführungen und Werken osteuropäischer Komponisten. Am Samstag zeigte der Kompass nach Ungarn: Der in Budapest lebende und lehrende Komponist István Lang (geb. 1933) demonstrierte mit dem Stück „Cimbioses“, dass Heimatverbundenheit und Avantgarde keinen Widerspruch bilden muss, denn das in der Komposition solistisch verwendete, aus der Volks- und Zigeunermusik stammende Zymbal, gespielt von Enikö Ginzery, wurde in die moderne Faktur eingebettet und bildete gerade mit dem Schlagwerk eine reizvolle Verbindung. Das neunteilige Werk war abwechslungsreich gestaltet, aber nicht überladen, die kleine Besetzung der Sinfonietta unter Milko Kersten gestaltete es transparent. Eine spannende Wiederbegegnung mit dem in Dresden geborenen und ausgebildeten Komponisten Uwe Krause war nach der Pause zu erleben: „…Land in Sicht…“ setzt sich mit der Landschaft der Niederlausitz und seinen Menschen auseinander, Krause lebt seit einigen Jahren dort und hat Eindrücke und Erkenntnisse in einem vitalen, durchaus naturalistischen Werk verarbeitet, das vor allem von emotionalen Gegensätzen lebte. Den Rahmen bildeten zwei Klavierkonzerte von Wolfgang Amadeus Mozart, die Milko Kersten in der von Mozart selbst ausdrücklich vorgesehenen Fassung mit Streichorchester aufführte. Dem Solisten des Konzertes F-Dur KV 413 kam da der schwierigere Part zu, da dieses Werk nicht unbedingt „von selbst“ seine Schönheiten entfaltet. Der aus Russland stammende Dresdner Meisterklassenschüler Denis Ivanov konnte allerdings über eine solide Technik hinaus mit dem Stück wenig anfangen, manche Flüchtigkeiten im 1. Satz und zu wenig deutliche Zeichnung zeigte einen eher distanzierten, objektiven Zugang, wobei der 3. Satz hier am besten gelang. Ganz anders ließ sich sein „Kollege“, der Lette Vadim Chaimovich, auf Mozarts Erfindungen ein. Was dieser im Konzert C-Dur KV 415 an Nuancen, Fluss und Lebendigkeit zeigte, war eine kleine Sensation. Chaimovich musizierte auf den Punkt genau, zeigte eigenwillige, aber schlüssige Kadenzen und demonstrierte einen durchweg perlenden, klangintensiven Anschlag – das Zuhören wurde so zum reinen Vergnügen. Optimal vorbereitet und nur in manchen Passagen noch etwas vorsichtig agierend zeigte sich in den Konzerten die Sinfonietta Dresden – das Konzert „Spannungen 8“ am 5. Mai 2007 sollte man sich bereits vormerken.

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Veröffentlicht in Rezensionen

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