„Global Ear“ horchte im Societätstheater in musikalische Welten
Sechs Jahre lang hat die Reihe „Global Ear“ Interpreten, Komponisten und neue Werke vom ganzen Erdball her ins Societätstheater nach Dresden geholt. In rund 30 Konzerten wurden über 100 Werke gespielt, von denen viele noch nie in Deutschland oder Europa zu hören waren. Die Pionierarbeit von Klaus-Hinrich Stahmer, der Kulturstiftung Dresden der Dresdner Bank und der Hochschule für Musik Dresden zeigt sich insbesondere in dem Punkt, dass manche der aufgeführten Komponisten sich mittlerweile auf wichtigen Musikfestivals etabliert haben. Offiziell war das 5. Konzert des sechsten Jahrgangs das letzte der erfolgreichen Reihe, doch der Leiter des Institutes für Neue Musik an der Musikhochschule, Jörn Peter Hiekel bekundete bereits Hoffnung und intensives Bemühen, der Reihe auch weitere Jahrgänge zu verschaffen, dann wahrscheinlich komplett unter dem Dach der Hochschule, die ja bereits kooperierend die Reihe betreute. Das letzte Konzert fand im Rahmen und unter der Thematik Musikfestspiele statt: „Klanglandschaften“ also auch hier und im voll besetzten (!) Societätstheater führte die musikalische Reise über Japan, Taiwan und China nach Skandinavien und zurück nach Deutschland. Zunächst spielte das „Cherubin-Quartett“, ein Streichquartett der Musikhochschule „Landscape I“ von Toshio Hosokawa, ein in seiner Zerbrechlichkeit etwas ungeeignetes Stück für den Beginn, mit dem die Musikerinnen auch einige Probleme hatten, denn die Klanggestaltung war nicht überzeugend, außerdem hält das Stück den eigenen Anspruch des „Dialoges mit der Stille“ gar nicht durch. Der international anerkannte Akkordeon-Virtuose Stefan Hussong erzeugte dann mit Yu Kuwabaras Solostück „Echoing and empty“ ebenfalls einige Verwirrung, denn dieses Werk hatte genau wie Hosokawas Stück zwar reichlich avanciertes Klangmaterial aber eine antiquierte Formbehandlung, sodass man einigermaßen ratlos vor den Stücken stand. Anders Kaija Saariahos „Six Japanese Gardens“, von Olaf Tzschoppe (Percussion) faszinierend interpretiert: hier wirkt die rhythmische Disziplin unmittelbar, und die Farbigkeit entsteht aus den feinsten Überlagerungen und Varianten der Schlagfolgen. Klaus Hinrich Stahmer steuerte selbst „Wie ein Stillstand der Zeit“ für Sheng und Akkordeon bei und überraschte vor allem durch terzlastige Harmonik in den interessant verschmelzenden Instrumenten. Hier gab es außerdem eine Wiederbegegnung mit dem Shengspieler Wu Wei, der ja bereits in früheren Konzerten begeisterte. Zwei größere Werke standen nach der Pause an: „Fei Yang“ der Japanerin Hope Lee für Akkordeon und Streichquartett zeigte viele westliche Idiome und eine nahezu studienartige Tonführung. Die daraus entstehende Banalität des Werkes war auch durch die Erläuterungen der Komponistin nicht wegzudiskutieren. Schließlich sorgten Stefan Hussong und Olaf Tzschoppe für einen einsamen Höhepunkt als Abschluss: „Metal Work“ des Finnen Magnus Lindberg beginnt als echter Diskurs zwischen Akkordeon und (Metall-)Schlagwerk, heizt sich immer weiter auf und entlädt sich in einem markerschütternden Dialog aus Tam-Tams – dass die beiden Musiker das komplexe Stück mit sichtlicher Freude am Spiel interpretierten, spricht für die hohe Qualität des Konzertes. Hoffentlich nicht zum letzten Mal.
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