Stuttgarter Kammerorchester und Mats Rondin gastierten in Loschwitz
Bei der „Welterbe“-Reise der Dresdner Musikfestspiele am Pfingstmontag stand als zweite Station die George-Bähr-Kirche Loschwitz auf dem Programm, in welcher das Stuttgarter Kammerorchester die Zuhörer erwartete. Das renommierte, seit über 60 Jahren bestehende Orchester war in nach seiner Gründung vor allem durch seine Interpretationen der Musik des Barock und der Wiener Klassik bekannt. In den letzten Jahren hat das Orchester sein Repertoire beständig erweitert, die kleine Kammerorchesterbesetzung läßt vielfältige Entdeckungsreisen zu, nicht zuletzt auf dem Gebiet der zeitgenössischen Musik. Die hohe Qualität der Interpretation und das jahrelang gewachsene, homogene Zusammenspiel der Musiker konnten die Zuhörer beim Gastspiel in Loschwitz verfolgen. Der schwedische Cellist und Dirigent Mats Rondin hatte mit den Musikern ein Programm erarbeitet, welches zwei in hiesigen Breiten recht vernachlässigte finnische Komponisten der Moderne vorstellte: Aulis Sallinen und Joonas Kokkonen, beide verbunden durch eine Lehrer/Schüler-Beziehung und doch trotz Akzentuierung des sinfonischen OEuvres kompositorisch völlig verschieden, wenngleich beide sich deutlich zur finnischen Tradition und damit zu Sibelius bekannten. Im Konzert hinterließ das 3. Streichquartett „Aspekte des Trauermarsches von Hintrikki Peltoniemi“ eine deutlich stärkere Wirkung als die etwas unterkühlte „Musik für Streichorchester“ von Kokkonen. Die Orchesterfassung von Sallinens Quartett beeindruckte durch ihre Farbigkeit und stilistischen Witz, der aber niemals platt wirkte – dafür sorgte allein die spannende ostinate Verarbeitung des Themas. Mats Rondin gelang eine fein ausgehörte Wiedergabe des Werkes, die nicht mit opulentem Klang geizte, aber eben auch die Akustik der Kirche im Zusammenspiel berücksichtigte. Ähnliches galt für das Cellokonzert C-Dur von Joseph Haydn. Außerordentlich vital und mit sichtbarer Freude am kammermusikalischen Musizieren übertrug diese Musik sich in den Kirchenraum. Rondin leitete die Aufführung vom Solocello aus und konnte sich zwanzig aufmerksamer Mitspieler gewiss sein, gleich ob im breit ausgelegten Mittelsatz oder im überschwänglichen Finale. Rondin gestaltete das Konzert überdies im stetigen Ausgleich zwischen lebendigem Vorwärtsdrang und intensivem Ausspielen der Melodielinien – eine durchaus angenehme Deutung. Das Abschlusswerk von Joonas Kokkonen war sperrig. Dodekaphonie streitet mit Traditionsverbundenheit, heraus kommt ein in vielen Passagen zu akademisch anmutendes Werk. Stark wirkte allerdings der langsame Satz, den die Stuttgarter mit großer Ruhe formten. Bonmot am Rande: War im Konzert von Heinrich Schiff ein Werk von Olli Mustonen vom Programm genommen worden, so tauchte hier plötzlich eines auf: Rondin musizierte eine Zugabe für Cello und Kammerorchester, und so lernte man doch noch ein allerdings recht konventionelles Werk des finnischen Pianisten kennen.
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