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Schlüsselwerk im Zentrum

Hansjürgen Scholze spielte in der Christuskirche Strehlen

Der Strehlener Orgelsommer ist als Benefizreihe für die Restaurierung der großen Jehmlich-Orgel in der Christuskirche konzipiert. Gottlob ist die Orgel noch in einem Zustand, in welchem Konzerte auf dem „corpus delicti“ durchaus spielen lassen, doch die Vision, das hochromantische Originalinstrument von 1905 wiedererstehen zu lassen, ist unterstützenswert, befindet sich doch die Orgel in einem nahezu idealen akustischen Raum und zeitgeschichtlich wertvoller Umgebung. Am vergangenen Sonnabend gastierte Domorganist Hansjürgen Scholze in der Christuskirche, nicht wenige Besucher verfolgten dieses Konzert mit großem Interesse. Scholze hatte ein Programm ausgewählt, das verschiedene Facetten der Orgel hervorhob und überdies zwei absolute Orgelklassiker beinhaltete. Leider gab es wie so oft in Dresdner Orgelkonzerten nur einen spärlichen Handzettel, womöglich stehen die Programme zu kurzfristig fest. Gerade auswärtige Besucher sind aber oft ebenso interessiert an den dargebotenen Werken wie an Informationen über die reichhaltige Orgellandschaft in Dresden. Hier sollte man zukünftig über redaktionelle Konzepte nachdenken. Scholze begann mit Bachs „Präludium und Fuge“ c-Moll BWV 546 und ergänzte den Choral „Wenn wir in höchsten Nöten sein“, vor allem in den harmonischen Verästelungen kann man die Werke durchaus verwandt sehen. Scholze schöpfte hier noch nicht die volle Orgel aus, die Grundregistrierungen der Orgel genügten bereits für den prachtvollen Eingang des Konzertes. Diesem folgte eine Fantasie von Gustav Merkel (1827-1885), der Hoforganist in Dresden war. Scholze stufte hier die einzelnen Formabschnitte gut ab und präsentierte das Werk eher verhalten, aber zum Finale hin mit einer kurzen und prägnanten Steigerung. Ein Schlüsselwerk von Olivier Messiaen stand im Zentrum des Konzertes und es ist zu hoffen, dass die hervorragende Interpretation von Scholze ein Vorgeschmack ist auf das kommende Jahr, in welchem der 100. Geburtstag des Komponisten hoffentlich das Augenmerk auf dessen Orgelwerk richtet. „Apparition de l’Eglise éternelle“ ist eines der Stücke Messiaens, die ein „Vorbeihören“ nahezu unmöglich machen; die voranschreitenden Akkorde und die von Scholze in ruhigem Bogen genommene Steigerung zur Mitte hin fesselten die Zuhörer in der Kirchenbank. Ganz anders die „Suite Carmelite“, die Jean Francaix 1960 zu einem Film über das Schicksal der Karmeliter-Nonnen schrieb. Die einzelnen Sätze sind Charakterstudien der Nonnen, die Scholze klar registriert darstellte, so kam der untrügliche Glaube ebenso zur Sprache wie die Schwatzhaftigkeit oder ein widersprüchlicher Kopf. Scholze beschloss das Konzert mit dem berühmten Choral E-Dur von César Franck, ein ideales Werk für die große romantische Orgel und hier gelang es Scholze auch in idealer Weise, die vielfältigen harmonischen Schattierungen und die Themenarbeit mit kluger Registrierung in adäquatem Tempo zu einer Einheit zu verschmelzen.

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