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Saftig musizierte Klangmärchen

3. Sinfoniekonzert der Landesbühnen Sachsen

Es gibt unter den klassischen Komponisten Charaktere, die eigentlich auch hervorragende Geschichtenerzähler oder Vorleser gewesen wären. Wenn man sich die Partituren von Ravel und Strawinsky anschaut, offenbart sich deren Leidenschaft im Erfinden von phantastischen Szenen und dem Ausloten von Humor und Tragik sofort. Dem Hörer eines Konzertes teilt sich dies nicht automatisch mit, dazu bedarf es einer Interpretation, die die schillernden Farben dieser Komponisten hervorkitzelt. Im 3. Sinfoniekonzert der Landesbühnen gelang dies in beglückender Weise, und GMD Michele Carulli schaffte es sogar, der Ouvertüre zur Oper „Cenerentola“ von Gioacchino Rossini nicht nur selbstverständlich das italienische Feuer zu entlocken, sondern auch den kammermusikalischen, rhythmischen Zauber, der den Meisterwerken Rossinis innewohnt. Lediglich im Beginn der Ouvertüre musste sich das Orchester klanglich etwas zusammenfinden, um dann aber souverän aufzuspielen. Das reine Orchesterkonzert um Märchen und Mythen wurde mit Ravels Suite „Ma Mère l’Oye“ (Mutter Gans) fortgesetzt. Hier zeigte sich, dass Carulli, der noch am schmissigen Ende der Rossini-Ouvertüre wahre Flugqualitäten am Pult bewies, mit seinem Orchester auch wunderbar leise Töne und sanfte Klangfarben hervorbringen kann. Kaum etwas konnte die entspannende Atmosphäre dieser ruhig und breit strömenden Melodien schmälern.
Der „Brocken“ des Konzertes stand jedoch noch bevor und man darf feststellen, dass die Leistung des Orchesters nach der Konzertpause beeindruckend war. Nicht die allseits bekannte Suite aus dem „Feuervogel“ von Igor Strawinsky stand auf dem Programm, sondern die komplette Ballettmusik und diese läßt sich beileibe nicht vom Blatt spielen. So bekamen die Hörer einen saftigen Vorgeschmack auf den zweiteiligen Ballettabend nach Reiner Feistel, der mit diesem Stück und „Le Sacre du Printemps“ am 15.3. an den Landesbühnen Premiere hat. Eine tolle Erfahrung der Aufführung des „Feuervogels“ im Sinfoniekonzert war die Leichtigkeit, mit der Carulli in der gesamten Ballettmusik den musikalischen Fluss unterstützte und so selbst schwierigste Bläserpassagen sauber und koordiniert ausmusiziert werden konnten. Immer wieder stufte Carulli die Dynamik fein ab; feines, vielfach geteiltes Streicherflirren klang ebenso spannend wie der Höllentanz von Kaschtschej, nach welchem der GMD in satt angelegten Klangfarben auf das große Finale des Balletts zusteuerte. Es gab unzählige Soli der Musiker zu bewundern und besonders beeindruckte, wie aufmerksam und präzise das Orchester eine gute Balance für die einzelnen Klangbilder in dem Ballett erzeugte. Der märchenhafte und doch klanggewaltige Abend wurde begeistert aufgenommen und es ist sicher nicht untertrieben zu bemerken, dass Carulli binnen dreier Amtsjahre als GMD in Radebeul einen Klangkörper geschaffen hat, der beim Zuhören schlicht Freude macht.

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