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Kultureller Brückenschlag mit Musik von Bach und Karłowicz

Junge Deutsch-Polnische Philharmonie Niederschlesien gastiert in Dresden

Zu den bedeutenden Jugendorchestern der Region zählt man die „Junge Deutsch-Polnische Philharmonie Niederschlesien“ ohnehin – und seit diesem Jahrgang darf man die jungen Musiker auch als ein Orchester mit Tradition bezeichnen, denn das Ensemble wird 10 Jahre alt. Das in Breslau beheimatete Ensemble, das im Jahreslauf neben seinem (eben traditionellen) Sommerprojekt auch weitere Konzerte zu politischen und kulturellen Anlässen gibt, wird seit seiner Gründung von Agnieszka Ostapowicz (Organisation) und Stanislaw Rybarczik (künstlerische Leitung) betreut. Mit Leben und Tönen füllen es bis zu siebzig junge Musiker von Musikschulen und Musikhochschulen in Polen und Deutschland. In Dresden hat das Orchesterprojekt, das keine Grenzen kennt, seit Jahren Freunde und Unterstützer und so fand das erste deutsche Konzert der Sommertournee 2009 am Dienstagabend in der gastgebenden Martin-Luther-Kirche statt. Der kulturelle Austausch zwischen Polen und Deutschland funktioniert nicht nur unter den Musikern in wunderbarer Weise, sondern manifestiert sich auch in einem niveauvollen, vom Publikum begeistert aufgenommenen Programm: Bachs „Toccata und Fuge“ ist zwar ein weltberühmtes Stück, doch die Orchesterfassung von Leopold Stokowski will zunächst geübt sein. Rybarczik demonstrierte mit dem Orchester homogenen Wohlklang und die Kirche hallte einige Male in gewaltiger Phonstärke. Viele Tempi wurden von ihm frei gestaltet, aufmerksam und ambitioniert waren die jungen Musiker da zur Stelle. Überhaupt war bemerkenswert, wie präzise und trotzdem flexibel musiziert wurde und ein toller, intensiver Gesamtklang des Ensembles entstand.
Die Musik von Mieczysław Karłowicz (1876-1909) muss hierzulande noch dringend entdeckt werden. Sein Hauptwerk, sechs großangelegte sinfonische Dichtungen, mag zwar mit Richard Strauss und Gustav Mahler musikalische verwandt sein, jedoch trägt seine Musik melodisch und harmonisch eine eigene Handschrift und ist der polnischen (Lied-)Tradition natürlich stark verbunden. Die Liedthematik stand daher auch im Vordergrund des Konzertes, zunächst acht von Ryszard Bukowski orchestrierte sehr schlichte Klavierlieder, die der Breslauer Solist Jaroslaw Bodakowski (Bariton) ausdrucksstark interpretierte. Das zuvor für die Moderation benutzte Mikrofon der Kanzel, wo Bodakowski während der Aufführung stand, hätte allerdings besser abgeschaltet werden sollen. Karłowicz‘ dreiteilige sinfonische Dichtung „Uralte Lieder“, Opus 10 bildete den Abschluss des Konzertes und war eine wahre Entdeckung. Über zarte Poesie und fast impressionistische Klangmalerei schwang sich das Stück zu einem furiosen Finale auf, das Rybarczik zweimal als Zugabe geben musste. Nach der Übewoche und bereits drei absolvierten Konzerten in Polen zeigte sich das Orchester vollends vertraut mit dieser spannenden Musik und wird damit in diesem Jahr auch auf einer Veranstaltung zum 100. Todestag des Komponisten in Zakopane auftreten. Das Orchester reist nun bereits weiter nach Reichenbach und Pirna und wird hoffentlich auch seinen elften Jahrgang mit einem erfrischenden Sommerkonzert in Dresden feiern. In der Mitte Europas beobachtet man bei der Deutsch-Polnischen Jugendphilharmonie Niederschlesien ein herausragendes Beispiel lebendiger Jugendarbeit, die auf ansprechendste Weise über die Musik Brücken zwischen den Kulturen und Regionen schlägt. Das nötigt höchsten Respekt ab und sollte auch im nächsten Jahr viele Musikfreunde in die Konzerte der Jugendlichen locken.

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