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Dresden-Klotze

Klotzsche haben wir ja schon, vermutlich ist das bald der schönste Stadtteil im unbefleckten Norden. Ich bin dafür, den Rest der Stadt in KLOTZE umzubenennen. Man traut sich ja bald nur noch in geduckter Tarnung in andere Städte – „ja, schuldigung, ich bin aus Dresden.“ – Die Blamagen aufzählen muss ich eh nicht mehr, denn die Comedy Dresden entfaltet sich mindestens einmal im Monat in den Weltnachrichten, gleich ob Brücke, Kunstzensur, Staatsanwaltswillkür oder GMD-Abgang. — Ich komme vom Thema ab. Wir wollen doch mal schauen, was es in Dresden mittlerweile für wunderbare architektonische Glanzleistungen gibt und welche noch hinzukommen:


Falsch, das ist nicht der Neumarkt (Quelle: http://www.webwide-spielen.de). Aber vermutlich habe ich damit das Grundmodell für alle folgenden Beispiele entdeckt, die ich nunmehr auch nur noch verlinke, viel Freude beim Ansehen.

Spektakuläre Integration modernen Wohnens und Einkaufens auf der Kamenzer Str. – jetzt auch ohne Video, dafür mit Fahrradständer.

Unser neues Legoland am Altmarkt (Bald wird auch unser aller Stollen endlich wieder zum Quader zer-eckt)

Erweiterung der Altmarktgalerie auf der Wilsdruffer Str. Kleckern war gestern. Während andere Städte sich mit Milliarden verschulden, erklärt ein mutiges Dorf in Sachsen der Konsumkrise den Krieg: Kauft, ihr Sachsen, bis ihr nicht mehr könnt (was im Fall der Centrum-Galerie offenbar schon eingetreten ist. Wird aber zulasten der Betreiber ausgelegt. Wohl nicht klotzig genug…)

Wie schließt man einen zugepflasterten Innenstadtplatz städtebaulich sinnvoll ab? Richtig: mit einem Klotz – Das Bild zeigt auch sehr schön, wie Sichtfluchten sich künftig in die Moderne orientieren. Ein Schloss wird da schon fast überflüssig.

Auf der Prager Straße herrscht Verwirrung, wohin man auch blickt. Die Städteplaner und Architekten haben es doch glatt hinbekommen, dass man bei den folgenden Fotos nicht mehr weiß, ob man sich im Jahr 1973, 1992 oder 2010 befindet: KLICK1, KLICK2, KLICK3

Gehen wir mal in die Neustadt. Hier der Florana-Klotz auf der Bautzner (mein neuester Schock und Inspiration für diesen Blogthread, danke an Florana.)

Hübsch aneinandergeklotzt auch der „Albertpark“ (wieso nennt man eigentlich eine Klotz-Sammlung „Park“?) am DVB-Hochhaus, seit neuesten ein In-Spe-Ex-Studentenwohnheim. Wir sind gespannt.

Wer keinen Bock auf die Innenstadt hat, kann ja auch außerhalb genügend Klötze finden. Totes Einkaufen garantiert die gesichtsloseste aller Einkaufsmalls. Wer beim Durchlaufen dieses Hades-Ganges von der Lommatzscher Str. bis zu IKEA lust auf Konsum bekommen soll, ist mir schleierhaft.

Ach ja, für Dresden kann man auch werben. Natürlich nicht mit der Frauenkirche oder der Semperoper, um Gottes Willen. Modernes Marketing sieht SO aus. Gibts übrigens auf der Seite als Grußkarte.

Dieser Artikel könnte mit einigen Updates eine Neverending Story werden. Allerdings könnte man ihm einen ebensolchen entgegensetzen mit besonders gelungener und spannender Stadtarchitektur. Hinweise willkommen 🙂

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Veröffentlicht in Dresden

7 Kommentare

  1. Du hast ein L zuviel darin. Es muss heißen „KOTZ“!
    Ich lebe schon seit 9 Jahren nicht mehr in Dresden und ich bin ehrlich froh darüber, mir diesen städtebaulichen Schwachsinn nicht jeden Tag zu Gemüte führen zu müssen.
    Diese Leute haben es tatsächlich geschafft, in mir das Heimweh nach meiner Lieblings- und Heimatstadt zu zerstören. Wie kann man nur…! *Kopfschüttel ohne Ende*

    • …ich hoffe, ich bin nicht eines Tages auch soweit. Derzeit finde ich noch meine Ecken und Plätze, wo die Augen zumindest entspannen können.

    • Du resignierst ja ganz schön schnell. Da ist tatsächlich viel gestümpert wurden, das macht aber diese schöne, alte Stadt nicht kaputt.

      Ich lasse mir meine Heimatstadt nicht vermiesen!

    • Resignieren würd ich das nicht nennen, wenn man mal den Finger in ein paar offenkundige Wunden legt. Aber natürlich hat die Stadt auch ihre liebenswerten, unverwechselbar positiven Seiten. „Kaputt“ allerdings ist ein merkwürdiges Wort in Bezug auf DD, denn die „schöne, alte Stadt“ gibt es wohl nur in irgendwelchen Geschichtsbüchern. Da kann man weder das Neumarktensemble samt Frauenkirche noch die DDR-Viertel dazuzählen. Vielmehr lebt die Stadt durch das Nebeneinander der Zeiten und Stile, darauf sollten Architekten künftig mehr achten, wenn sie ihre Lego-Kästen bauen.

  2. benny benny

    also da gibt es ne ganze menge für mich zu bemerken:

    in einigen punkten muss ich dir durchaus rechtgeben:
    ein einkaufszentrum (ja schon wieder ein einkaufszentrum) am albertplatz halte ich auch für überflüssig, der atmosphäre des ortes nicht gerecht werdend, schlicht unpassend. obwohl eine schließung der lücke wirklich dringend notwendig ist.

    elbepark – gesichtslos ja teilweise schon, obwohl mir das innenleben ganz gut gefällt (und ich schon weitaus hässligere einkaufszentren gesehen habe)

    aber wie du dich über die klötze auslässt ist ja sagenhaft, fakt ist:
    die, von dir betitelte, „klotz“-architektur ist in wahrheit eine zeitgenössische architektursprache, die sich an historischen vorbildern durchaus orientiert. dass hierbei nicht die alten stile kopiert werden, sehe ich nicht als mangel, sondern eher als ehrliches statement zur architektonischen moderne. wieso sollte man so verlogen sein und den häusern fassaden vorhängen, die vor 200 jahren modern waren, wie es am frauenkirchenensemble passiert?
    und ausgefallene rundgelutschte architekturen sind schlicht sauteuer

    ausserdem:
    der florana-klotz ist eine längst überfällige schließung einer unansehnlichen städtebaulichen lücke, die schon vor jahrzehnten hätte geschlossen werden sollen. auch hier biedert sich die architektursprache eben NICHT dem alten vorbild an, indem sie es stumpf kopiert sondern greift sinnvolle aspekte auf um sie in einen modernen stadtbaustein zu übersetzen.
    ich kann, um ehrlich zu sein diese ständigen klagen ala „das passt doch da überhaupt nicht rein“ nicht mehr hören. hätten die leute zu allen zeiten so verbohrt an bewährten baustilen festgehalten, würden wir heute noch in lehmhütten wohnen!

    nächster punkt:
    postplatz mit einem „klotz“ abgeschlossen. dieser schritt ebenfalls lange überfällig, um eine klare ordnung in der platzstruktur zu schaffen, meiner meinung nach hätte man noch viel weiter gehen können und auch die anderen platzbegrenzenden seiten abschließen sollen um einen in sich geschlossenen kompakten Ort, einen klar erkennbaren PLATZ zu schaffen, anstatt den derzeitigen zerfallenden, irgendwie nicht einzuordnenden post-halb-straßenverlaufen-halb-bahnschienen-platz beizubehalten.
    die von dir auch hier angeprangerte „klotz“-architektur entpuppt sich bei genauem hinsehen als qualitativ sehr hochwertiger entwurf. der äussere verlauf des gebäudes ist durch die angrenzenden straßen vorgegeben, die ausformulierung bezieht sich auf die gegebenheiten und umliegenden gebäude.
    dasselbe gilt für die erweiterte altmarktgalerie, oder willst du dem leser ernsthaft weissmachen, dass dir der verfallene altbau der vorher dort stand besser gefallen hat?
    aber ich denke nörgeln liegt in der natur des dresdners

    beste grüße
    benny

    • Hallo Benny, danke für Deinen Kommentar. Ich muss Dir allerdings in mehreren Punkten widersprechen – zunächst bin ich weder Architekt noch Dresdner. Nörgler schon eher, aber Kritik sollte erlaubt sein und ist zudem subjektiv, heißt: ich habe hier meine Meinung und meinen Geschmack geschildert. Dass es durchaus Leute gibt, die mit den erwähnten Bauwerken gut leben können, respektiere ich. Ich kann es weniger, denn dieser Augenkrebs stößt mir täglich in der Innenstadt auf. Dabei mahne ich gar nicht an, DASS an bestimmten Stellen gebaut wird (na gut, im Falle von Hotels und Einkaufszentren sollte das Maß auch bald voll sein), sondern eher, WIE. Ich bin ein außerordentlicher Freund von moderner Geschäfts- und Büroarchitektur, nur meine ich, dass hier in puncto Kreativität und Möglichkeiten noch ein großer Spielraum herrscht. Details kann ich nicht beurteilen da ich nicht vom Fach bin, aber es sieht mir sehr danach aus, dass die Bauinvestoren eben gerne zur „klotzartigen“ Bauweise greifen, da diese bewährt, vermutlich billig und funktional ist. Dein „sauteuer“ ist in an der Stelle kein Argument, wo es um ein nachhaltiges Städtebild für die Zukunft geht, denn die Gebäude glotzen wir ja auch in 50 Jahren noch an. Da wäre ich also pro Qualität, Ideenreichtum und auch künstlerisch wertvoller Architektur, eine solche schafft nämlich Lebensqualität und diese wiederum steigert die Kultur. Der Klotz an sich tut dies nicht. Im Einzelnen bleibts dennoch eine Geschmacksfrage, ich jedenfalls hätte statt des Freßwürfels (der übrigens mit anderen Materialen und einigen baulichen Irritationen durchaus einen Neubau vertragen hätte, dann wäre es eben sehr spannende Architektur geworden) nicht einen grauen, glatten Kubus dorthin gesetzt. Und Baulücken kann man auch ganz anders schließen (von „Müssen“ wie bei florana kann gar keine Rede sein) als mit Lego-Technik. Andere Begriffe wollen mir nicht einfallen, denn die Geradlinigkeit dieser Bauten empfinde ich einfach als häßlich. Man braucht auch keinen Postplatz „rundum abschließen“ – abgesehen davon, dass das SAP-Gebäude noch weiter in den Platz hineinragt und viel zu nah an die Wilsdruffer grenzt, lebt ein Platz nicht von seiner Begrenzung sondern seiner – auch indifferenten, lebendigen Offenheit nach verschiedenen Seiten. — Vielleicht wäre es ja sinnvoll, wir würden einige Gegenbeispiele von innerstädtischer Architektur finden, die sowohl funktional sind, als auch optisch einem zeitgenössischen Anspruch genügen. Oder willst Du ernsthaft behaupten, die von mir genannten Beispiele seien Marksteine moderner Architektur? Ein Anhänger historisierender Bauten bin ich übrigens auch nicht, ich kann die Umgegend der Frauenkirche auch nicht akzeptieren.

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