Sinfonie von Allan Pettersson im 7. Sinfoniekonzert der Mittelsächsischen Philharmonie
Das Außergewöhnliche scheint am Freiberger Theater mittlerweile nicht nur zur lustvollen Pflicht, sondern gar zur Kür zu geraten. Neben dem ganz normalen Betrieb vom Kindertheater über Schauspiel und Repertoireoper entdecken die Theatermacher vergessene Opern (Franco Alfano) oder widmen sich zeitgenössischer Kammerkunst (Benjamin Schweitzer). Die Sinfoniekonzerte der Mittelsächsischen Philharmonie stehen diesem Willen zur Vielfalt in nichts nach.
Just ist ein Konzert mit beiden Klavierkonzerten von Maurice Ravel passé, da widmet sich das Orchester im 7. Sinfoniekonzert einem Komponisten, der sehr zu Unrecht im Schatten der Musik des 20. Jahrhunderts steht: Allan Pettersson (1911-1980) ist selten in den Konzertsälen zu hören, doch immer wieder trifft man begeisterte Zuhörer, die dessen Sinfonik als beispiellos und tief emotional beschreiben. Grund genug für GMD Jan Michael Horstmann, die 7. Sinfonie des Schweden zu präsentieren, ein Werk, mit dem der Komponist 1968 einen internationalen Durchbruch errang – neun weitere vollendete Sinfonien folgten diesem. Innerhalb von Sachsen dürfte die Darbietung der 7. allerdings eine Erstaufführung gewesen sein.
In der gut gefüllten Nikolaikirche in Freiberg kamen die flächig-ostinaten Blöcke der Sinfonie akustisch gut zur Geltung und dem Orchester ist hoher Respekt zu zollen. Die Sinfonie taumelt eine Dreiviertelstunde zwischen Hölle und Himmel und verlangt den Musikern großes Können ab. Immer wieder sucht Pettersson die Extremlagen, breitet vor dem Zuhörer eine zuweilen hoffnungslose Weltsicht mit hemmungslosem Wirbel des Schlagwerks aus, um dann in fast tonalen Abschnitten „den Gesang wiederzufinden, den die Seele einst verloren hat“. Schön, dass Horstmann neben einer Einführung auch direkt vor der Aufführung der Sinfonie einen berühmten Brief von Pettersson zitierte, der klarmachte: Weghören gilt hier nicht. Und das Freiberger Publikum hörte staunend und konzentriert diesem sinfonischen Monolog zu; am tröstlichen Ende verharrte es in der Stille, bevor der Philharmonie großer Beifall für diese Entdeckung gezollt wurde.
Die Koppelung mit Jean Sibelius Violinkonzert d-Moll erschien sinnfällig, denn hier strahlt nicht nur ein ähnlich ernsthaft-melancholischer Geist, es gibt auch einige Ähnlichkeiten in der Kompositionsweise von Verläufen und Abbrüchen. Die aus München stammende Geigerin Rebekka Hartmann spielte ihren Solopart mit sinnlicher Tiefe und beherztem Zugriff, immer aber technisch souverän. Ihr charaktervolles Spiel offenbarte einen Zugang zum Stück, der das Ausmusizieren der Linien zuließ und sich melodischen Details sorgfältig widmete. Das erfreute auch die Zuhörer, die Hartmann nicht ohne zwei Zugaben (Kreisler und Bach) entließen. Mit ebensolcher musikalischer Sorgfalt stellte Horstmann die bekannte Peer-Gynt-Suite von Edvard Grieg an den Beginn des Konzertes und zeigte hier exemplarisch die Fähigkeiten seines engagierten, gut ausgehörten und aufmerksamen Ensembles.
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