Beim an der Musikhochschule beheimateten KlangNetz Dresden konnte man am Mittwoch vor Pfingsten wieder einmal einem Konzert des Projektensembles lauschen. Der Fokus des Ensembles liegt auf den großen und dennoch wenig bekannten Meisterwerken, die für Kammerensemble im 20. und 21. Jahrhundert geschaffen worden sind – ein mittlerweile unüberschaubares Füllhorn zeitgenössischer Musik, aus dem manchmal einige Perlen auftauchen.
Die Kooperation mit der Philharmonie erfuhr im Projekt ebenso eine Fortsetzung wie der Vermittlungsgedanke, der sich in Einführung oder Interview wiederfindet. Die Wiederholung des Hauptwerkes am Ende des Konzertes führt indes zu einer veränderten Hörwahrnehmung und sollte eigentlich Pflicht für viele ähnliche Darbietungen werden. Doch der Normalfall eines Neue-Musik-Konzertes sieht zweieinhalb Stunden Überfall mit mindestens fünf Uraufführungen vor, kein Wunder, wenn da das Publikum gerne das Weite sucht. Man muss selbiges immer noch suchen, auch in der Hochschule für Musik fanden sich leider viele Reihen leer.
Wer anwesend war, konnte ansprechenden Interpretationen folgen: Enno Poppe dirigierte zweimal sein eigenes Werk „Öl 1“ und verwahrte sich nicht gegen entstehende Assoziationsräume. Der Fluss der Töne und ihre Vielgestalt in der Beziehung zur Natur waren hier überzeugende Kompositionsmerkmale, die einen Spannungsbogen bis hin zum verschwindenden Schluss entstehen ließen. Anders die australische Komponistin Liza Lim (*1966), deren Programmheftnotizen von Spiritualität und Farbenschimmern wie auch der Werktitel „Songs found in a Dream“ den Hörer völlig in die Irre führten. Was Poppe dort gerade noch im Interview als „expressive Qualität“ herausfilterte, kam als höchst abstraktes, skulpturales Kunst-Werk daher – eine Annäherung im ersten hörenden Nachvollzug misslang. In beiden Werken mühten sich die Musiker keinesfalls an den außerordentlich tückischen Partituren ab, es herrschte im Gegenteil eine verstehende Leichtigkeit vor. Dabei wurde im Ensemble gut aufeinander gehört, fast erschien mir das „Öl 1“ gar zu sensibel in der Klanggebung der Steigerung, dies verbesserte sich aber in der etwas griffigeren zweiten Aufführung.
In der Mitte stand einsam und allein die frühe Cellosonate des Amerikaners George Crumb. Genausogut hätte man Lachenmanns Schubert-Variationen kommentarlos dorthin setzen können – Frühwerke ohne Kontext entbehren nicht eines gewissen Amusements. So wagte sich diese Cellosonate kaum aus dem Schatten etwa von Bartók oder Britten heraus. Ihre Berechtigung hatte sie aber dennoch: zum einen weiß man nun, wie Crumbs spätere spannungsgeladenen Klangfarbenexperimente ihren Anfang nahmen. Und zum anderen freute man sich über eine vollkommen souveräne, spielerische Interpretation von Matthias Bräutigam.
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