DrumSet-Konzert bei den „Tonlagen“ Hellerau
Im Bereich der Neuen Musik sind auf den Instrumenten besondere Fertigkeiten gefragt. Wer sich als Geiger in der romantischen Musik des 19. Jahrhundert bestens auskennt, darf bei anstehenden Uraufführungen den Begriff Virtuosentum noch einmal neu definieren oder in Frage stellen. In den derzeit aktiven Neue-Musik-Ensembles finden sich für jedes Instrument diese Virtuosen, die für beständig Neues in unseren Klang-Horizonten sorgen. Komponisten betrachten es daher oft als Ehre, für musikFabrik oder Ensemble Modern ein Stück schreiben zu dürfen: die Interpretationen sind herausragend und intensiv.
Die heimlichen Stars dieser Ensembles sind oft die Schlagzeuger, denn Rhythmus und Schlagwerk-Klangfarben sind stets wichtige Parameter der Kompositionen. Grund genug, einmal vier Schlagwerker zum Tonlagen-Festival nach Hellerau einzuladen. Und zwar gemeinsam, als Quartett. Das ist ungewöhnlich genug, noch interessanter wurde der Ansatz dadurch, dass man sich (fast) auf ein Drum-Set pro Spieler beschränkte. Diese Reduzierung war aber gleichzeitig genau die subtile Differenzierung, die für ein herausragendes, sinnliches Erlebnis im Konzert sorgte. Denn mit den unterschiedlichen Schlag-, Reibe- und Wischtechniken und den Anforderungen der Komponisten war für reichlich Abwechslung gesorgt.
Lukas Schiske (Klangforum Wien), Rainer Römer (Ensemble Modern), Dirk Rothbrust (musikFabrik) und Gerrit Nulens (Ictus) hatten sich je ein Solostück zurechtgelegt. Zu viert wurde die Uraufführung von Oscar Bettisons „Four Drums for Dresden“ bestritten, ein Stück, das sauber gearbeitet war und immer wieder zu einem Refrain mit reizvollen Becken-Sounds zurückkehrte – die vier Sets vereinigten sich mehrfach zu einem einzigen Instrument. Zum ersten Mal erklang auch Sven-Ingo Kochs „Durchaus phantastisch und leidenschaftlich vorzutragen“, allerdings nutzte dieses mit Dante und Schumann angereicherte Solo mehr Percussion-Instrumente als nur das reine Drum-Set und bot eher softe und fragile Ausdruckswelten feil, die Dirk Rothbrust hervorragend herausarbeitete.
Gerrit Nulens Solobeitrag war ein Stück Körper-Kultur von Francois Sarhan, wobei die auf den Körperteilen perkussiv-vokal vorgetragene Gebrauchsanweisung eine eher beängstigende Subschicht offenbarte. Rainer Römer glänzte mit einem diffizil-sinnlichen Maracas-Solo von Javier Alvarez und Lukas Schiske brachte eine eigene Komposition ein – schließlich sind Drummer als Improvisatoren zumeist auch innovativer Geister, die beständig an eigenen Fertigkeiten und an Klangerweiterung feilen. Schiskes „Maschinencode R3G7T“ war denn auch ein schwindelerregender Ausflug in die Welt von Rotationen, Wellen und maschinenartigen Abläufen.
Das ohne Pause zu einem Ganzen modellierte Konzert fand mit Frank Zappas „Black Page“ seinen Abschluss – leichtfüßiger dürfte man das vertrackte Werk wohl selten gehört haben. Am Ende war man von den vier sympathischen Herren schlicht begeistert und hätte gern noch den einen oder anderen Xenakis als Zugabe gehabt. Ob allein oder im Ensemble – sie werden mit Sicherheit nach Hellerau zurückkehren.
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